Brexit-Johnson blamiert sich mit Prosecco-Forderung

Londons Außenminister will gleichzeitig im Binnenmarkt bleiben und Personenfreizügigkeit abschaffen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

»You can‘t have the cake and eat it«, »Du kannst den Kuchen nicht haben und gleichzeitig essen«, heißt ein englisches Sprichwort, mit dem man sagen will, dass man nicht alles haben kann. Dem britischen Außenminister Boris Johnson müsste man den Spruch wohl übersetzen mit »You can‘t have prosseco and drink it« (Du kannst den Prosecco nicht haben und gleichzeitig trinken) oder »You can‘t have the fish and chips and eat it« (Dasselbe wie mit dem Kuchen, nur mit des Engländers Nationalgericht: Pommes mit panierten Fischhäppchen).

Johnson blamierte sich nämlich kürzlich, als er dafür warb, dass sein Land trotz Brexit seinen freien Zugang zum EU-Binnenmarkt behält. »Ich möchte keinen freien Personenverkehr, aber Zugang zum Binnenmarkt«, soll er sinngemäß gesagt haben, berichtet die in London erscheinende Tageszeitung »The Guardian«. Ansonsten, so drohte Johnson, würde etwa auch Italien leiden, weil es weniger Prosecco nach Großbritannien exportieren könne. So weit die einfache Welt des Brexiteer.

Der ehemalige Londoner Bürgermeister Johnson war vor dem im Juni abgehaltene Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der EU der bekannteste Befürworter des Brexits. Nachdem die Briten mehrheitlich für das Verlassen der Staatengemeinschaft gestimmt hatten, galt Johnson als einer der Favoriten für die Nachfolge des zurückgetretenen britischen Premiers David Cameron. Ende Juni erklärte er jedoch, nicht für das Amt kandidieren zu wollen.

Für Italiens Wirtschaftsminister Carlo Calenda ist Johnsons Äußerung ein Affront. »Ich verkaufe an ein Land weniger Prosecco, während Sie in 27 Ländern weniger Fish and Chips loswerden«, konterte Calenda. Es gehe nicht, einerseits Zugang zum Binnenmarkt zu fordern und anderseits den freien Personenverkehr abzulehnen. »Großbritanniens Regierung soll sich hinsetzen, die Karten auf den Tisch legen und verhandeln«, meinte Calenda.

In die Debatte klinkte sich laut »The Guardian« auch Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem ein. Johnson verspreche den Briten Sachen, die nicht zur Debatte stünden, sagte der niederländische Politiker. Johnsons Forderungen seien »intellektuell unmöglich« und »politisch unerreichbar«. Das Beste für das Land und Europa sei immer noch, wenn Großbritannien in der EU bleibe. Doch das werde vermutlich nicht geschehen. »Die beste Option, die jetzt noch bleibt, ist ein möglichst gutes Abkommen zu finden. Doch Großbritannien wird nicht im Binnenmarkt bleiben und einige Nachteile haben«, so Dijsselbloem.

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