Regionales Geld für Barcelona

Linke Stadtregierung will Sozialwährung einführen

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Linksregierung in der katalanischen Metropole beginnt damit, eine »moneda social« einzuführen. In Barcelonas Stadtteilen Nou Barris, Sant Andreu und Sant Martí wird die Sozialwährung als Pilotprojekt anlaufen. Innerhalb von zwei Jahren soll sie auf die gesamte Stadt ausgeweitet werden. Damit setzen die linke Bürgermeisterin Ada Colau und ihre Wahlplattform »Barcelona en Comú« (Gemeinsam für Barcelona) eines ihrer Wahlversprechen um. Die von Podemos (Wir können es) und der Vereinten Linken (IU) gestützte Koalition hatte die Kommunalwahlen im Mai 2015 gewonnen.

Gefördert werden soll mit der Sozialwährung die lokale Wirtschaft, die von der Stadtregierung mit 24 Millionen Euro unterfüttert wird. Aufgebaut und gefördert soll darüber die »soziale und solidarische Ökonomie«. Die Währung ist damit Teil eines umfassenden Plans, der bereits im Stadtparlament beschlossen wurde und nun umgesetzt werden soll.

Scheine und Münzen wird es nicht geben, damit keine Kosten für das Prägen, Drucken und die Ausgabe entstehen. Bezahlt wird digital über das Smartphone oder andere mobile Geräte in Geschäften, Betrieben und Kneipen, die freiwillig die Währung akzeptieren. Vor allem das lokale Gewerbe soll über die Maßnahme gestärkt werden und damit ein starker Impuls für Wachstum und Beschäftigung in Barcelona geschaffen werden. Da die Währung nur dort gültig ist, wird sie auch lokal ausgegeben und bleibt so im heimischen Wirtschaftskreislauf.

Parallelwährungen zum Euro sind weder in Spanien noch in Europa eine Seltenheit. Es gibt sie in den französischen Städten Nantes und Toulouse. Im andalusischen Jeréz gibt es den »Zoquito« und in Sevilla den »Puma«. Im Großraum des baskischen Bilbao kann mit dem »Ekhi« und im dortigen Hochland mit dem »Txantxi« bezahlt werden. Im französischen Baskenland gibt es den »Eusko« sogar als Papiergeld. Meist handelt es sich aber um digitale Währungen. An den fast 100 Sozialwährungen, die es im spanischen Staat schon gibt oder die in Vorbereitung sind, hat sich bisher niemand gestört.

Doch Umfang und Bedeutung, die eine von Barcelonas Stadtregierung gestützte Währung in einer Stadt mit knapp zwei Millionen Einwohnern haben kann, treibt in Spanien einigen Banken Sorgenfalten auf die Stirn. So bezeichnete die spanische Zentralbank das Projekt als »unerwünscht«, da es keine »Regulierung oder adäquate Überwachung« gäbe, argumentiert sie angesichts ihres Kontrollverlusts. Die hat aber bei der Bankenüberwachung versagt, wie die Abstürze etlicher Sparkassen und Banken in den vergangenen Jahren gezeigt haben, die mit Steuergeldern aufgefangen wurden.

Ein ambitioniertes Projekt im nahen Santa Coloma de Gramenet hat die »Banco de España« dagegen abgenickt. Dabei geht auch dieses Projekt, das von der EU mit 132 000 Euro unterstützt wird, weit über bisherige »Komplementärwährungen« hinaus, wie sie der Spezialist Julio Gisbert nennt. Der Gründer des »Sozialwährungsinstituts« erklärt, dass es sich oft nur um Tausch- oder Zeitbörsen mit einem begrenzten Mitgliederkreis handelt, in denen Menschen sich gegenseitig unterstützen. Anders ist aber schon der »Ekhi«, der 1:1 in Euro eingetauscht werden kann.

Weit darüber hinaus geht Santa Coloma im Großraum Barcelona. Die Bürgermeisterin der Stadt mit knapp 120.000 Bewohnern hat ihr Projekt kürzlich vorgestellt. Die Sozialistin Núria Parlon orientiert sich am »Bristol Pound«, das krisenbedingt 2012 in der britischen Hafenstadt eingeführt wurde. Anders als in Südengland werden in Santa Coloma keine Scheine ausgegeben. Ab dem Jahreswechsel werden jedoch 50 Prozent der Hilfen an gemeinnützige Einrichtungen in der Lokalwährung ausgezahlt, die noch keinen Namen hat, aber im Volksmund »Parlones« genannt wird. Darüber sollen »öffentliche Ausgaben kanalisiert werden«, erklärte Parlon, damit das Geld in der Stadt bleibe. »Wir wollen die lokale Wirtschaft stärken und damit die öffentlichen Ausgaben multiplizieren.« Die Angestellten der Stadt erhalten im ersten Halbjahr 2017 die Möglichkeit, sich bis zu 30 Prozent der Gehälter in der Sozialwährung auszahlen zu lassen.

Über einen Teil der 24 Millionen Euro aus der Stadtkasse soll ein Sozialgeld eingeführt werden, das in der neuen Währung ausgezahlt werden soll. Anders als in Deutschland gibt es in Spanien keine Sozialhilfe, viele Familien haben keine Einkünfte. Viel hängt nun davon ab, welchen Haushalt Barcelonas Bürgermeisterin und ehemalige Aktivistin gegen Zwangsräumungen durchbringt.

Andere Befürchtungen beziehen sich auf die angekündigte Unabhängigkeit Kataloniens. Wegen der Dimension des Vorhabens könnten diese Bestrebungen vorangetrieben werden.

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