EuGH: Konzerne müssen über Glyphosatkeule informieren
Europäischer Gerichtshof stärkt Recht auf Information über Gefahren von Pestiziden / Betriebsgeheimnis der Chemiekonzerne hat keinen Vorrang
Luxemburg. Umweltschutzorganisationen haben gegenüber Zulassungsbehörden grundsätzlich das Recht auf Information über die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Umwelt. Behörden können diese Auskunft nicht mit dem Verweis auf Betriebsgeheimnisse der Hersteller verweigern, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in zwei am Mittwoch in Luxemburg verkündeten Urteilen. Umweltschutzorganisationen hatten auf Auskunft über das Unkrautgift Glyphosat und einen Bienen gefährdenden Stoff von Bayer verlangt. (Az. C-673/13P und C-442/14)
Die Kläger, darunter Greenpeace Holland, hatten sich auf die EU-Richtlinie zu Umweltangelegenheiten und die darin genannten »Informationen über Emissionen in die Umwelt« berufen. Der EuGH entschied nun, dass dieser Begriff nicht nur auf Abgase aus Industrieanlagen oder Kernkraftwerken begrenzt sei. Er umfasse auch »das Freisetzen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten« und von deren Wirkstoffen in die Umwelt. Eine gegenteilige Auslegung der Richtlinie verstoße gegen »das Ziel einer möglichst umfassenden Verbreitung von Umweltinformationen«.
Der Gerichtshof stellte zudem klar, das der Begriff »Emissionen in die Umwelt« nicht nur »Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort der Emission« umfasst. Die Öffentlichkeit müsse anhand der Informationen auch nachprüfen können, ob die Bewertung der Zulassungsbehörden zu den langfristigen Umweltfolgen eines Pflanzenschutzmittels »zutreffend ist«. Davon seien auch Studien der Hersteller zu Rückständen der Giftstoffe in der Umwelt betroffen. Die Zulassungsbehörden können diese Informationen nicht mit dem Hinweis auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verweigern.
Im Fall der niederländischen Bienenschützer muss nun die dortige zuständige Behörde CTB insgesamt 84 Dokumente über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln preisgeben. Dem hatte der Chemie-Konzern Bayer, Inhaber einer großen Zahl dieser Zulassungen, widersprochen, weil damit seine Geschäftsgeheimnisse verletzt würden.
Im Streit um Glyphosat muss die untere Instanz nach den Maßgaben des Gerichtshofs erneut entscheiden, ob Greenpeace gegenüber der EU-Kommission Anspruch auf weitere Unterlagen zur Zulassung des Stoffs hat. In den fraglichen Dokumenten sind unter anderem die genaue chemische Zusammensetzung sowie Informationen zur Herstellung des Pestizids enthalten. Agenturen/nd
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