Soziale Auslese
Jürgen Amendt über die Förderung von hochbegabten Schülern
Bund und Länder versprechen eine bessere schulische Förderung von Hochbegabten. In Wirklichkeit geht es jedoch nicht um jene knapp zwei Prozent der Schüler, die einen IQ von über 130 haben. Wer genau zuhört und liest, vernimmt etwas anderes: Gefördert werden sollen »leistungsstarke« Schülerinnen und Schüler. So hat es am Montag Bundesbildungsministerin Johanna Wanka verkündet, sekundiert von der Standesvertretung der Gymnasien, dem Deutschen Philologenverband.
Die Botschaft, die hinter solchen Äußerungen steckt, ist diese: Wer Leistung erbringt bzw. aufgrund seiner sozialen Herkunft erbringen kann, darf sich zu den Starken einer Gesellschaft zählen. Wo es »Leistungsstarke« gibt, muss es aber auch »Leistungsschwache« geben. Wer also in der Schule Probleme hat, dem fehlt es folglich an Begabung. Was aber ist mit den weniger Begabten, die sich mehr als die Begabten anstrengen, um gute Schulnoten zu erhalten; sind sie nicht auch »leistungsstark«? Und zu welcher Gruppe zählen dann die Begabten, die keine Leistung im Sinne guter Schulnoten erbringen; müssten wir sie nicht als »leistungsschwach« einstufen? Das Verräterische der Politik war schon immer die Sprache, mit der sie von ihren wahren Absichten ablenken will. In Wirklichkeit geht es Wanka und dem Deutschen Philologenverband um soziale Auslese.
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