Verlängerung der Abgabefrist gilt erst 2019

Ausblick auf steuerliche Änderungen 2017

  • Dr. Rolf Sukowski
  • Lesedauer: 4 Min.

Alleinerziehende mit Steuerklasse II: Im Juli 2015 hat der Gesetzgeber unter anderem den dieser Steuerklasse zugrundeliegenden Haushaltsfreibetrag von 1608 Euro auf 1908 Euro rückwirkend zum 1. Januar 2015 erhöht. Im Dezember sollte die Steuerentlastung über die Lohnabrechnung bei den Alleinerziehenden angekommen sein - allerdings nur, wenn sie zu diesem Zeitpunkt auch in einem Beschäftigungsverhältnis standen.

Wenn der betreffende Arbeitnehmer mit Steuerklasse II im Dezember aber nicht beschäftigt war und Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Mutterschaftsgeld oder Elterngeld bezogen hat, dann hat der Betreffende den Steuervorteil damals auch nicht erhalten.

BFH zur Eigenzahlung von Krankheitskosten
Privat Krankenversicherte können selbst getragene Krankheitskosten nicht als Sonderausgaben von der Steuer abziehen, entschied der Bundesfinanzhof am 2. November 2016 (Az. X R 43/14) und lehnte einen von einem privat Versicherten geltend gemachten Sonderausgabenabzug für einen mit der Krankenversicherung vereinbarten Selbstbehalt ab.

Angefallene Krankheitskosten könnten lediglich als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, vorausgesetzt, diese überschreiten die gesetzliche Eigenbelastung.

Der privat versicherte Kläger hatte mit seiner Krankenversicherung einen Selbstbehalt vereinbart, so dass er bis zu einer festgelegten Grenze für Krankheitskosten selbst aufkam. Im Gegenzug zahlte er geringere Versicherungsbeiträge. In seiner Einkommensteuererklärung machte er für das Jahr 2010 Krankheitskosten in Höhe von 1800 Euro und für seine zwei Töchter jeweils 1080 Euro steuermindernde Belastung geltend.

Den Steuerabzug lehnte der BFH jedoch ab. Die Kosten könnten zwar auch als außergewöhnliche Belastung gelten. Da der Kläger im Streitjahr jedoch mehr als 190 000 Euro verdiente, lagen die Krankheitskosten noch innerhalb der zumutbaren Eigenbelastung. Je nach Einkommen und Zahl der Kinder liegt diese zwischen ein und sieben Prozent der Einkünfte.

Auch als Sonderausgaben könnten die Krankheitskosten nicht geltend gemacht werden. Dies sei bei Beiträgen zu einer Krankenversicherung möglich. Die Selbstbeteiligung gehöre jedoch nicht dazu. Sie stelle keine Gegenleistung für die Erlangung des Versicherungsschutzes dar, so der BFH. epd/nd

Die Steuerentlastung für Alleinerziehende ist seit 2015 auch abhängig von der Zahl der Kinder. Über den normalen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende hinaus gibt es ebenfalls seit dem 1. Januar 2015 einen Aufschlag, der von der Zahl der Kinder abhängig ist. Das ist neu, denn bisher spielte bei der Gewährung der Steuerklasse II die Anzahl der Kinder keine Rolle. Für jedes weitere Kind steigt der Entlastungsbetrag um 240 Euro. Bei zwei Kindern beträgt der Entlastungsbetrag somit nicht 1908 Euro, sondern 2148 Euro.

Dies kann der Arbeitgeber jedoch nicht berücksichtigen, da ihm die Anzahl der Kinder nicht bekannt ist. Um diesen steuerlichen Vorteil zu erhalten, muss für das jeweilige Jahr eine Steuererklärung eingereicht werden.

Für 2017 besteht auch die Möglichkeit, beim Finanzamt einen entsprechenden Freibetrag für die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale zu beantragen. Treten Änderungen ein (Eheschließung, gemeinsamer Haushalt mit Partnern/Partnerin oder Wegfall des Anspruchs auf Kindergeld), muss dies dem Finanzamt zeitnah mitgeteilt werden, damit der Freibetrag wieder gelöscht werden kann. Wem diese Prozedur zu stressig ist, kann den Steuervorteil im nächsten Jahr nachträglich über seine Einkommensteuererklärung geltend machen. Es geht also nichts verloren.

Steuermodernisierungsgesetz: Dazu ist bereits vieles geschrieben worden (siehe auch »nd-Ratgeber« vom 6. Juli 2016). Die Information im Ratgeber-Beitrag vom 2. November 2016, dass sich die Abgabefrist der Steuererklärung um zwei Monate auf den 31. Juli verlängert, ist richtig, aber sie gilt erst ab der Einkommensteuererklärung des Jahres 2018. Hierfür ist demnach der Abgabetermin der 31. Juli 2019.

Das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung (EGAO) enthält dazu im neuen Absatz 4 des § 10a die Festlegung »Die §§ 109 und 149 der Abgabenordnung in der am 1. Januar 2017 geltenden Fassung sind erstmals anzuwenden für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2017 beginnen.«

Das gilt auch für den künftigen automatischen Mindestverspätungszuschlag von 25 Euro. Die bisherige und dann auch die neue Abgabefrist gilt ohnehin nur für Steuerpflichtige, die eine Steuererklärung abgeben müssen. Wer freiwillig eine Veranlagung beantragen möchte, hat nach wie vor vier Jahre Zeit.

Bei Vertretung durch einen Steuerberater oder durch einen Lohnsteuerhilfeverein gilt die neue Frist 28. Februar des übernächsten Jahres, also für die Steuererklärung 2018 erstmals am 28. Februar 2020 (in diesem Fall sogar der 2. März 2020, da das Monatsende auf einen Samstag fällt).

Im Ratgeber-Beitrag vom 2. November 2016 wurde auch das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz (BEG II) erwähnt. Dazu ist ergänzend festzustellen: Eine Verabschiedung dieses Gesetzes ist bisher nicht erfolgt. Der Bundestag hat den Gesetzentwurf am 20. Oktober zur weiteren Beratung an den federführenden Wirtschaftsausschuss überwiesen.

Im Verlaufe des gesetzgeberischen Prozesses gab es etliche Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. So ist im derzeitigen Entwurf zum Beispiel die Anhebung der umsatzsteuerlichen Kleinunternehmergrenze nach § 19 UStG nicht mehr enthalten.

Ein gesondertes Jahressteuergesetz 2017 wird es wohl nicht geben. In den Jahren 2017 und 2018 sollen der steuerliche Grundfreibetrag, der Kinderfreibetrag, das Kindergeld sowie der Kinderzuschlag steigen.

Um die sogenannte »kalte Progression« auszugleichen, soll außerdem der Steuertarif an die Inflationsrate angepasst werden. Eine entsprechende »Formulierungshilfe« für den Bundestag hat die Bundesregierung am 12. Oktober 2016 beschlossen. Alldem muss der Bundestag aber noch zustimmen, was vermutlich im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und weiterer Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen (BEPS-Umsetzungsgesetz 1) erfolgen wird.

Eine Erhöhung des derzeitigen Werbungskostenpauschbetrages für Arbeitnehmer (1000 Euro) sowie die längst überfällige Anpassung der Behindertenpauschbeträge wird es wohl eher nicht geben.

Der Autor ist Leiter einer Beratungsstelle in Berlin des Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer eV. mit Sitz Gladbeck.

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