Wenn das Daddeln zur Sucht wird
Laut einer DAK-Studie neigen vor allem Jungs zu exzessivem Computerspielen
Berlin. Jeder zwölfte männliche Heranwachsende in Deutschland ist computerspielsüchtig. Das geht aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen hervor. Demnach erfüllen 8,4 Prozent der Jungen und jungen Männer im Alter von zwölf bis 25 Jahren die von den Autoren benutzte Definition für eine Abhängigkeit. Der Anteil betroffener Mädchen und junger Frauen ist mit 2,9 Prozent viel niedriger.
Vor allem bei den betroffenen Jungen und jungen Männern verursache die »exzessive Nutzung von Computerspielen massive Probleme«, teilte die DAK mit. Sechs Prozent hätten deshalb »ernsthafte Probleme mit Familie und Freunden«, 19 Prozent hätten Streit, 13 Prozent könnten ihr Spielpensum entgegen des Rats anderer nicht senken. Mädchen und junge Frauen berichteten dagegen höchstens halb so häufig über solche Schwierigkeiten.
»Die Zahlen der neuen DAK-Studie sind beunruhigend und zeigen, dass wir das Thema weiterhin sehr ernst nehmen müssen«, erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU). Computerspiele seien längst »Bestandteil der Alltagskultur« und nicht jeder Spieler habe Probleme. Die Untersuchung zeige aber, dass insbesondere bei den 12- bis 17-jährigen Jungen das Risiko eines möglichen Kontrollverlusts bestehe.
Der an der Studie beteiligte Experte Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), forderte die Politik auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. »Kinder und Jugendliche bedürfen eines besonderen Schutzes vor einer unkontrollierten und exzessiven Nutzung von Computerspielen.« So sollten Suchtkriterien wie »hohe Spielbindung« bei der Altersfreigabe berücksichtigt werden.
Soziale Kontakte leiden den Ergebnissen der repräsentativen Untersuchung zufolge bei den Befragten häufig. So berichteten 69 Prozent der männlichen 15- bis 17-Jährigen davon, dass sie Freunde oder Verwandte vernachlässigten, die ihnen früher wichtig waren. 34 Prozent verpassen deshalb gemeinsame Mahlzeiten. 89 Prozent der zwölf- bis 14-jährigen Jungen berichten, dass sie wegen des Themas mit ihren Eltern streiten.
Für die DAK-Untersuchung mit dem Titel »Game over: Wie abhängig machen Computerspiele?« befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa 1531 Kinder und junge Erwachsene. Grundlage für die Suchteinstufung war eine von Wissenschaftlern in den USA entwickelte Systematik namens »Internet Gaming Disorder Scale«. Werden mindestens fünf von neun Standardfragen auf einem Fragebogen bejaht, gilt der Befragte als spielsüchtig. AFP/nd
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