Das ist Sache des Schiedsrichters

Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl nimmt Timo Werner nach Schwalbe in Schutz

  • Martin Henkel
  • Lesedauer: 4 Min.

Sie kamen am Sonntagmorgen aus dem Akademiegebäude von RB Leipzig nacheinander: Trainer Ralph Hasenhüttl, er leitete die Übungseinheit der Ersatzspieler seines Kaders, Sportdirektor Ralf Rangnick und schließlich der Geschäftsführer des Aufsteigers, Oliver Mintzlaff.

Mehr geht bei RB Leipzig nicht. Hasenhüttl, Rangnick und Mintzlaff sind die einzigen Akteure des Tabellenführers, denen es per Arbeitsvertrag erlaubt ist, über alles zu reden, was den Verein betrifft. Auch über nicht-sportliche Angelegenheiten. Und da standen sie jetzt. Des Wetters wegen? Natürlich nicht. Sie waren gekommen der Botschaft wegen, die das Zusammentreffen der Führungsköpfe des Klubs vom Cottaweg vermitteln sollte. Und diese Botschaft lautete: Wir stehen zusammen. Und zwar zusammen vor und hinter Timo Werner.

Timo Werner hatte am Vorabend beim 2:1 im Topspiel zwischen Leipzig und Schalke den Führungstreffer erzielt. Vom Elfmeterpunkt. Nach einem angeblichen Foul an ihm. Werner war 16 Sekunden nach Anpfiff in einen Strafraumpass seines Kollegen Naby Keita gesprintet, Schalkes Innenverteidiger Naldo hatte nach seiner Schulter gegriffen, Schalkes Schlussmann Ralf Fährmann hatte sich ihm entgegengeworfen, Werner war gestolpert, gestrauchelt, gefallen. Schiedsrichter Bastian Dankert pfiff, Strafstoß, Gelb für Fährmann - Werner schoss: 1:0 für RB.

Aber war es überhaupt Foul? Das war die erste Frage bereits unmittelbar nach dem Pfiff. Alle Schalker riefen: Nein! Auch Werner sagte Nein! Aber laut genug, so dass der Schiedsrichter es hören konnte? Das war die zweite Frage des Abends. Und es gab darauf tausendundeine Antwort.

Die meisten Antworten lieferte Werner selbst. Es war kein Foul, es war aber auch keine Schwalbe, »wenn der Naldo nicht so an mir reißt, dann umkurve ich Fährmann und schiebe ins leere Tor ein«, er habe das Fährmann auch so gesagt (»Du hast mich nicht berührt!«), er habe das auch dem Schiedsrichter gesagt. Irgendwie. »Ein Gespräch direkt gab es nicht. Er kam kurz her. Dann habe ich es gesagt und er hat es vielleicht in der Hektik, es war ja auch brutal laut, nicht gehört. Es tut mir auch leid, dass er das nicht gehört hat. Er ist da jetzt der Dümmste von allen, es steht Aussage gegen Aussage. Ich habe es vielleicht nicht deutlich genug gesagt. Vielleicht hätte ich auch zu ihm hingehen müssen und es ihm sagen. Aber ...« Werner hat den Satz nicht mehr vollendet. Vor keiner Kamera, keinem Mikrofon. Er hat dann spät am Abend nur noch Version eins korrigiert, sein Sturz sei keine Schwalbe gewesen. »Es sieht nicht nur nach einer Schwalbe aus, es war eine - Punkt!«

Werner ließ sich am Sonntagmorgen nicht blicken. Bei Ralph Hasenhüttl aber konnte man zwischen den Zeilen eine Antwort heraushören: Niemand könne von einem 20 Jahre alten Profifußballer verlangen, sich praktisch selbst anzuzeigen. Nicht in einem Topspiel. Nicht als Tabellenführer. Nicht nach 60 Sekunden, wenn man die Chance hat, in Führung zu gehen. Das, so Hasenhüttl, sei allein die Sache des Schiedsrichters. »Es ist nicht die Aufgabe von Timo Werner, zu entscheiden, ob das jetzt Elfmeter war oder nicht. Wenn der Schiedsrichter eine Schwalbe sieht und ihm Gelb gibt, dann ist das so. Und wenn er das nicht tut, dann ist das auch so.« Hasenhüttl wies auf Schalkes Nabil Bentaleb hin, der Stefan Ilsanker den Ellenbogen ins Gesicht gebohrt hatte - ungeahndet. »Der ist auch nicht zum Schiri hin und hat ihm gesagt, bitte pfeif Freistoß.«

Hasenhüttl ist von friedfertigem Gemüt. Sonntag aber konnte er seinen Unmut kaum verhehlen. Das lag vor allem daran, dass die Causa Werner alles andere überschattet. Auch einen bemerkenswerten Satz, den Hasenhüttl bereits am Vorabend gesagt hatte und der die andere Geschichte des Abends beleuchtete. Dass Leipzig gegen Schalke seine Tabellenführung behaupten konnte. Und das in einer Manier, die vielen Schalker Akteuren das Fazit entlockte, man habe des Elfmeters wegen nicht verloren. Sondern »weil RB sehr gut gespielt hat« (Kapitän Höwedes, Manager Christian Heidel). »Es ist schade, dass das Spiel jetzt auf diese eine Szene reduziert wird«, sagte Hasenhüttl. »Denn ich denke, dass wir eine richtig gute zweite Halbzeit gespielt haben. Vielleicht sogar die beste unserer Saison.«

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