ETF - der heimliche Schlager der Finanzbranche
Rund um das Thema Aktien (Teil 3)
Hermann-Josef Tenhagen weiß, wovon er spricht. Der Finanztip-Chefredakteur, der viele Jahre die Monatszeitschrift »Finanztest« der Stiftung Warentest in Berlin leitete, sagt: »Fonds bieten Anlegern einen bequemen Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten.« Doch die Praxis zeigt, dass es nur wenigen Fondsmanagern gelingt, langfristig »den Markt« zu schlagen. Hohe Kosten mindern die Rendite. Darum empfiehlt der Finanztip-Experte marktbreite Aktien-Indexfonds, sogenannte ETF (»Exchange-traded Fund«).
ETF werden auch »passive« Indexfonds genannt. Weil sie einfach nur einen Index wie beispielsweise den »Dax« nachbilden. Da dafür kein teures Management nötig ist, das die Finanzmärkte ständig beobachtet, um Rosinen rauszupicken, sind die laufenden Kosten gering. Ein Grund, warum ETF auch unter Finanzdienstleistern als Schlager gilt.
Die »Exchange-traded Funds« bilden üblicherweise einen bekannten Index nach. Ein (Aktien-)Index ist eine Kennziffer, die aus der Kursentwicklung oder Wertentwicklung etwa von Aktien ermittelt wird. So spiegelt der »Deutsche Aktienindex«, kurz Dax, die Börsenkurse der großen deutschen Konzerne wider. Der »Euro Stoxx 50« ist ein Aktienindex, der 50 große börsennotierte Unternehmen der Eurozone beinhaltet.
Das wohl berühmteste Börsenbarometer ist der »Dow Jones«. Der Dow Jones Industrial Average wurde bereits 1896 von Journalisten einer Nachrichtenagentur eingeführt und notierte am Eröffnungstag mit einem Erstkurs von rund 41 Punkten. Bei Redaktionsschluss dieses Artikels stand er bei 18 162 Punkten.
Viele Varianten
Bei der Berechnung von Indizes gibt es unzählige Varianten. Die klassische bietet der Dow Jones: Er wird durch eine einfache Durchschnittsbildung der Kurse der enthaltenen Aktien ermittelt. Dividendenzahlungen bleiben unberücksichtigt.
Wollten Sie als Kleinanleger den »Dow Jones 30« selber nachbilden, müssten Sie 30 verschiedene Aktien kaufen. Beim »S&P 500« wären es sogar 500 Wertpapiere von US-amerikanischen Unternehmen. Was ziemlich unpraktisch wäre. Einfacher geht es mit dem Kauf eines Anteils an einem entsprechenden ETF.
Auf dem Pfad des Kapitalismus
Anteile an diesen börsengehandelten Fonds sollte man kaufen und vergessen. Denn ETFs sind, wie Aktien, nichts für die schnelle Mark, sondern eine langfristige Geldanlage. Mit ihnen kann der Kleinanleger frei nach Hermann-Josef Tenhagen einen Markt »breit abbilden« und damit das eigene Risiko minimieren.
Die Grundannahme dahinter ist, dass der Kapitalismus noch eine lange Lebensdauer vor sich hat und die Konzerne auf den besten Märkten auch langfristig wachsen werden. Beispielsweise könnte man dies für die großen deutschen Unternehmen von Daimler bis Siemens oder von den US-amerikanischen Top-Werten erwarten.
Der Markt ist bunt
Als große Anbieter von ETFs gelten Comstage, eine Tochtergesellschaft der Commerzbank, die zum Verkauf steht, aber auch db x-trackers oder iShares. Auch Banken wie HSBC und die schweizerische UBS oder Fondshäuser wie Lyxor und Amundi legen viele eigene ETFs auf. Grundsätzlich haben nahezu alle Banken und Sparkassen eigene und fremde ETFs in ihrem Angebot.
Sichere Rentenfonds
Es müssen nicht immer Aktien sein. Rentenfonds mit Staatsanleihen aus Euroland eignen sich als »Sicherheitsbaustein«, so die Stiftung Warentest. Sie ergänzten sich gut mit Aktienfonds. Kleinanleger sollten sich allerdings langfristig orientieren, selbst wenn sie Rentenfonds kaufen wollen - kurzfristig drohen Rückschläge, falls die Leitzinsen der Notenbanken wieder steigen.
Renten-ETFs sind günstig und bequem und funktionieren ähnlich wie Aktien-ETFs. Mit dem Unterschied, dass sie sich nicht auf einen Aktienindex, sondern auf einen Anleihenindex beziehen.
Riskanter sind ETFs auf Rohstoffe und Nahrungsmittel. Nachdem der Ölpreis, aber auch die Preise für Industrierohstoffe wie Aluminium, Kupfer oder Zink jahrelang gefallen sind, werden nun wieder vermehrt Finanzprodukte angeboten, die auf eine Erholung der Preise spekulieren. Auch Getreide gerät wieder stärker in den Blick der Anlageberater. Nicht zuletzt, weil Lebensmittel in vielen Ländern verstärkt zur Energieerzeugung eingesetzt werden.
Pantoffel-Sparpläne
Für den kleinen Geldbeutel eignen sich besonders einfache sogenannte »Pantoffel-Sparpläne«. Sparer zahlen monatlich eine Rate und bilden so nach und nach ein kleines Vermögen. Die Kosten, die für den Kauf von ETF-Anteilen entstehen, sind im Regelfall niedriger als bei klassischen Investmentfonds. Doch auch bei ETF-Sparplänen lohnt es sich, genau auf die Preise zu schauen. Grundsätzlich ist der Kauf online preiswerter. Doch einige Banken und Sparkassen bieten »pantoffelfähige« ETF sogar kostenlos an.
Nicht jeder ETF ist ein echter Fonds. Nur »physische« ETFs kaufen die Aktien eines Indizes direkt. Die »synthetischen« ETFs lassen sich von einer Bank die Index-Wertentwicklung berechnen. Dies Spiel treiben sogenannte Zertifikate auf die Spitze.
Alles, was Sie darüber wissen müssen, lesen Sie im nächsten nd-Ratgebers. Die Teile 1 und 2 dieser Serie erschienen am 23. und 30. November 2016.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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