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Tod < Zeit>

Singende Schauspieler und tönende Gletscherschmelze

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Musik, die der DJ, Musiker und Tontechniker Albert Pöschl auf seinem kleinen Label Echokammer veröffentlicht, wird nie den Weg ins Gehör eines größeren Publikums finden. Denn bei Pöschl erscheint »kein Mainstream«, und es gibt auch »keine Marketingstrategien«. Vielmehr sind »alle Künstler«, die dort ihre Musik veröffentlichen, »enge Freunde« (Deutschlandradio Kultur) von Pöschl. Außerdem gilt bekanntermaßen: Das Publikum versteht nichts von Musik. Es will auch nichts verstehen, es will nicht zuhören, es will nicht überrascht werden. Es will, was es meistens will: mitbrüllen oder herumschunkeln. Um so größer ist das Verdienst Pöschls. Denn er gibt dem Brüller und Schunkler nicht, was dieser will. Er gibt ihm Kunst. Auf dem neuesten auf Echokammer erschienenen Werk hört man den Schauspieler Peter Brombacher fünf Lieder singen bzw. kunstvoll nölen, eines ergreifender und erhabener als das andere.

Rilkes Gedicht »Immer wieder« wird hier als dunkel groovender Blues dargeboten, Eichendorffs »Mondnacht« als Abgesang auf eine sterbende Welt. Das »Horenlied« kommt - die atonale Orgel klingt wie ein verstimmter Leierkasten - daher, als sei es Teil eines Brechtschen Liederzyklus. Und das Wienerlied »Die Wachau« klingt, a cappella gesungen, auch irgendwie bedrückend. Alle der fünf Lieder kreisen um die Motive Natur, Zeit, Verfall und Tod.

Eine der gegenwärtigen Jahreszeit angemessene niederdrückende und gemütsverdunkelnde Stimmung findet man aber auch anderswo: Auf dem Album »Gletschermusik« werden Originaltöne, die man von den in Zentralasien rapide schmelzenden Gletschern eingefangen hat, zusammenmontiert mit elektronischen und folkloristischen Klängen.

Askat Jetigen, ein »junger Meister der traditionellen kirgisischen Musik« (CD-Booklet), spielt wahlweise eine Art Mundorgel oder asiatische Zupfinstrumente, und Robert Lippok, den man vor allem von der mittlerweile aufgelösten Postrock-Band To Rococo Rot kennt, die sich in den ca. 20 Jahren ihres Bestehens vor allem dem Prinzip der Schleife und der Schönheit des Repetitiven verschrieben hatte, dreht dazu an den Knöpfchen und Reglern elektronischer Instrumente, die ein bedrohliches Raunen und Rumoren oder zaghaftes Schnalzen oder Klackern von sich geben. Gegen die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels dürften die Musikstücke, so bezaubernd sie auch daherkommen, allerdings nicht das geringste ausrichten. Eines, das von der Konzertpianistin Soojin Anjou eingespielt wurde, heißt »Gletscherdialog«. Darin ertönen in regelmäßigen Abständen jene beunruhigenden Knarz-, Knacks-, Knurpsel- und Knattergeräusche, die durch fortwährend abbrechende Eismassen entstehen, worauf Anjou mit wunderbar missgelaunten und lebensverneinenden Piano-Improvisationen antwortet.

Peter Brombacher: »Peter Brombacher« (Echokammer)

S. Anjou/A. Jetigen/R. Lippok: »Gletschermusik« (Folk Wisdom)

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