»Eisenbahner sind kein Freiwild«

Bundesweit protestieren Bahnmitarbeiter gegen drohenden Stellenabbau im Güterverkehr

  • Hans-Gerd Öfinger, 
Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.

Gegen einen anhaltenden Kahlschlag bei der Güterbahn DB Cargo protestierten am Montagmittag in München, Nürnberg, Mannheim, Frankfurt am Main, Duisburg, Hannover und Hamburg mehrere tausend Beschäftigte mit Unterstützung der DGB-Bahngewerkschaft EVG. Der seit Jahresbeginn anhaltende Protest gegen den vom Management angestrebten Schrumpfkurs der Güterverkehrssparte DB Cargo geht damit weiter. »Es ist 5 vor 12«, so die symbolische Ansage von Detlef Felde, Betriebsratsvorsitzender im DB Cargo Produktionszentrum Frankfurt am Main zum Auftakt einer mittäglichen Kundgebung vor dem Hauptbahnhof der hessischen Bankenmetropole. »Es schmerzt mit anzusehen, mit welchen Maßnahmen Kosten eingespart werden sollen«, so der Gewerkschafter vor rund 400 Beschäftigten der Güterbahn aus Hessen und Rheinland-Pfalz. Der Betriebsrat beklagte den geplanten Abbau von bundesweit 2100 Arbeitsplätzen und angestrebte Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen für Lokführer und andere Beschäftigte. Der angedachte »Arbeitsplatztourismus« sehe vor, die Arbeitsplätze von Büroangestellten aus Frankfurt in das 250 Kilometer entfernte Duisburg zu verlagern.

Aus Feldes Sicht ist der Schrumpfkurs ein Beleg für ein »massives Versagen« der DB-Cargo-Chefetage. »Wir hatten seit 2008 insgesamt 22 unterschiedliche Vorstände. Unzählige Maßnahmen haben in den letzten Jahren nicht zum propagierten Erfolg geführt.« Tatsächlich sei der Marktanteil von DB Cargo am bundesweiten Schienengüterverkehr in den vergangenen acht Jahren von 79 auf 56 Prozent geschrumpft. Zudem habe sich der DB-Konzern »zu einem Selbstbedienungsladen entwickelt«. Die für die Schienenwege zuständige DB Netz AG habe »in den letzten Jahren so viel Infrastruktur zurück gebaut hat, dass ein planmäßiges Fahren von Zügen nicht mehr möglich ist«. Zudem hätten politische Rahmenbedingungen den Bahnverkehr im Wettbewerb mit der Straße finanziell stark benachteiligt. »Wir wollen eine Güterbahn mit Chancen auf mehr Wachstum und lehnen in einer Zeit mit so viel IT-Technologie den Arbeitsplatztourismus ab«, stellte Felde klar. Die Protestkundgebung sei auch ein Signal an die Sitzung des DB-Aufsichtsrats am Mittwoch in Berlin.

Bei der Kundgebung stellten Redner die Krise der Güterbahn in Zusammenhang mit anhaltenden Privatisierungstendenzen im Eisenbahnsektor. »Die Bahnreform von 1994 ist gescheitert und es geht mit voller Fahrt auf den Prellbock«, sagte der hessische EVG-Sekretär Andreas Schäfer. Offensichtlich hätten sich die Versprechungen von Politikern aus den 1990er Jahren im Zusammenhang mit der Umwandlung von Bundesbahn und Reichsbahn zur Aktiengesellschaft DB AG im Jahr 1994 nicht bewahrheitet. Statt steigendem Anteil der Schiene am Verkehrsaufkommen gebe es seit Jahren Stagnation. Rückzug aus der Fläche und Personalabbau seien Ausdruck einer zunehmend »giftigen Dosis«, so Schäfer.

»Privatisierung bringt immer Verschlechterungen für die Konsumenten«, sagte der Frankfurter DGB-Regionsvorsitzende Philipp Jacks. »Die Straßen sind voll, die Luft wird immer schlechter und für Prestigeobjekte wie Stuttgart 21 wird Geld vergraben, das anderswo sinnvoller eingesetzt wäre. « Der Landtagsabgeordnete und ver.di-Sekretär Hermann Schaus (LINKE) bemängelte, dass Bund und Länder den sogenannten »Gigaliner« als zusätzliche Konkurrenz zur Schiene förderten. Statt Global-Player-Visionen und weltweiten Einkaufstouren müsse sich die DB auf Infrastruktur und Ausbau der Schienenverkehrsangebote im Inland konzentrieren, so Schaus.

»Wir Eisenbahner sind kein Freiwild. Wachstum Statt Abbau«, so die Aufschrift auf einem Transparent. »Wir sind keine Märklin-Spielzeugeisenbahn«, brachte Feldes Betriebsratskollege Gerd Schreiber die Kritik am Management auf den Punkt.

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