»Port Package 3« kommt

Liberalisierungen für Häfen durch Hintertür befürchtet

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Spielregeln für 319 europäische Seehäfen ändern sich ab diesem Montag. Mit Bedauern reagierte die Transportarbeitergewerkschaft in Brüssel, dass das Europäische Parlament bereits in der vergangenen Woche der EU-Hafen-Verordnung »Port Package 3« zugestimmt hatte. Auch die deutsche Hafenwirtschaft befürchtet, dass die Europäische Kommission von Jean-Claude Juncker nun durch die Hintertür versuchen werde, die Häfen zur Liberalisierung zu zwingen.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments hatten überraschend schon am Mittwoch für eine Verordnung gestimmt, die den Häfen in der EU für die nächsten Jahre Rechtssicherheit bietet sowie die finanzielle Transparenz der Häfen und von Hafendienstleistern wie Lotsen und Schlepperreedereien deutlich verbessert.

Nach 15 Jahren und drei Anläufen wurde nun endlich eine politische Einigung zwischen Kommission und Parlament erzielt. Ursprünglich sollten die Häfen, die sich überwiegend in öffentlichem Eigentum befinden, privatisiert und dem freien Wettbewerb ausgesetzt werden. Daher verwundert es Beobachter nicht, dass Europaparlamentarier Knut Fleckenstein (SPD) die Entscheidung begrüßt. »Wir konnten die Zwangsliberalisierung und die Einführung der Selbstabfertigung von Schiffen verhindern.« Das Hafenpaket sei nun ein flexibles Rahmenwerk, welches die Unterschiede der Häfen berücksichtigt. Besonders erfreulich sei: Mit der Verordnung geht auch eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte einher. »Erstmals wird in Port-Package-3 deutlich, dass die Wettbewerbsfähigkeit unserer Häfen auch von guten Arbeitsplätzen und gut ausgebildeten Hafenarbeitern abhängt«, so Knut Fleckenstein, der als Berichterstatter des Parlaments den Kompromiss mit der Kommission aushandelte.

Doch Skepsis bleibt. So misstraut die Europäische Transportarbeitergewerkschaft (ETF) der EU-Kommission. Und auch Torben Seebold, Bundesfachgruppenleiter Häfen von ver.di, zeigt sich gegenüber »nd« in »großer Sorge«, dass die Juncker-Kommission über andere Gesetzgebungsverfahren versuchen werde, die Liberalisierung der Hafenwirtschaft durchzusetzen.

Vor allem die Gruppenfreistellungsverordnung ist Teilen der Kommission ein Dorn im Auge. Sie erlaubt Städten wie Hamburg oder Rostock, die Hafenflächen an Betreiber ihrer Wahl zu vergeben. Also auch an mehr oder weniger öffentliche Betriebe wie die hamburgische HHLA oder Rostock Port. In dieser geschlossenen Gesellschaft sehen kommerzielle Hafenbetreiber wie Dubai Ports World, die britische P&G oder der weltgrößte Hafenbetreiber, die chinesische Hutchison Port Holding, eine Wettbewerbsverzerrung durch die EU-Staaten.

Mit Bedauern nimmt auch die deutsche Hafenwirtschaft zur Kenntnis, dass das Europäische Parlament bereits »Port Package 3« zur Abstimmung gebracht hat. Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), trägt den Kompromiss zur Hafen-Verordnung zwar mit. Jedoch sei die EU-Kommission schon jetzt dabei, mit ihren jüngsten Vorstößen zur staatlichen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur den gerade beschlossenen Kompromiss zu untergraben. »Das Parlament in Straßburg hat eine Chance vertan, die Brüsseler Dienststellen in die Schranken zu weisen.« Jetzt sei es an den Mitgliedsstaaten, ein klares Zeichen zu setzen.

Der Europäische Rat muss der Einigung zu »Port Package« noch formell zustimmen; Thema ist sie auch auf der Tagung der EU-Umweltminister an diesem Montag.

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