Krebs als Arbeitsunfall anerkannt

Japanische Regierung zahlt drei Fukushima-Arbeitern Entschädigung für hohe Strahlendosen

  • Susanne Steffen, Tokio
  • Lesedauer: 2 Min.

Erstmals hat das japanische Arbeitsministerium einen Fall von Schilddrüsenkrebs im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi als Arbeitsunfall anerkannt. Der erkrankte Mittvierziger arbeitete zum Zeitpunkt der beiden Wasserstoffexplosionen in dem Unglückswerk. Er war Medienberichten zufolge unter anderem dafür zuständig, den Wasserstand sowie den Reaktordruck zu messen.

Insgesamt hatte der Angestellte des Fukushima-Betreibers Tepco eine Strahlendosis von knapp 150 Millisievert akkumuliert. Davon stammten 140 Millisievert aus den Tagen und Monaten nach dem Unfall. Etwa ein Viertel hatte er durch Einatmen radioaktiver Stoffe erhalten. Der Mann war seit 20 Jahren in AKW tätig und hatte daher bereits vor dem Unfall eine Strahlendosis akkumuliert. Knapp drei Jahre nach der Reaktorkatastrophe diagnostizierten die Ärzte Schilddrüsenkrebs.

Er ist der erste Fukushima-Arbeiter, dessen Schilddrüsenkrebs offiziell als Arbeitsunfall anerkannt wurde. Zuvor hatte das Arbeitsministerium bereits zwei Fälle von Leukämie bei Fukushima-Arbeitern als unfallbedingt anerkannt. Alle drei werden nun staatlich entschädigt.

Vergangene Woche hatte das Ministerium seine Position zu Fukushima-Krebsfällen öffentlich gemacht. Demnach werden sie als Arbeitsunfall anerkannt, wenn die Betroffenen einer akkumulierten Strahlendosis von über 100 Millisievert ausgesetzt waren und mindestens fünf Jahre nach ihrer Verstrahlung die Diagnose Krebs erhielten. Das Ministerium machte aber deutlich, dass die Strahlendosis lediglich ein Richtwert sei.

Gemäß einer Studie, die Tepco gemeinsam mit der UNO durchgeführt hat, hatten bis März 2016 insgesamt 174 Fukushima-Kraftwerksarbeiter eine akkumulierte Strahlendosis von über 100 Millisievert. Die Tageszeitung »Asahi« berichtet unterdessen von anderen Studien, laut denen mindestens 2000 Arbeiter diese Dosis allein in ihren Schilddrüsen angesammelt haben.

Im Gegensatz zu den Krebsfällen bei Kraftwerksarbeitern weigert sich die Regierung, Krebsfälle in der Bevölkerung mit dem Unfall in Verbindung zu bringen. In zwei groß angelegten Reihenuntersuchungen von 380 000 Kindern der Präfektur, die zum Zeitpunkt des Unfalls jünger als 18 Jahre alt waren, hatten die Behörden bis Juni dieses Jahres insgesamt 131 Fälle von Schilddrüsenkrebs festgestellt. Bei 42 weiteren Kindern wurden Tumore vermutet.

Es sei schwierig, zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass diese Krebsfälle durch den Atomunfall bedingt seien, argumentierte das Gremium, das die Untersuchungen im Auftrag der Präfekturregierung durchführte. Als Hauptargument gegen einen Zusammenhang nannten die Mitglieder stets signifikante Abweichungen von dem Erkrankungsmuster nach dem bislang schwersten Reaktorunfall der Geschichte in Tschernobyl.

Bei dem Fukushima-GAU waren weite Teile der Präfektur von dem radioaktiven Niederschlag betroffen. In einem Umkreis von 20 Kilometern um das Atomkraftwerk wurde eine Sperrzone errichtet. Bis heute sind einige Gemeinden unbewohnbar.

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