Bedröppelt zurück ins alte Zuhause

RB Leipzig ist bei Fußballrekordmeister Bayern München chancenlos, bringt den Fans aber trotzdem gute Nachrichten mit

  • Ullrich Kroemer, Leipzig
  • Lesedauer: 4 Min.

Falls es noch eines Beweises dafür bedurfte, wie rasant sich die Dinge dieser Tage bei RB Leipzig entwickeln, dann waren die vergangenen Tage ein Paradebeispiel. Zum Start der Weihnachtswoche hatte sich der umstrittene Bundesliganeuling begleitet von medialem Getöse auf das bislang größte Spiel der siebeneinhalbjährigen Klubgeschichte vorbereitet: das Gipfeltreffen beim FC Bayern München. Gleichzeitig liefen hinter den Kulissen die Verhandlungen zur Entscheidung in der sogenannten Stadionfrage auf Hochtouren.

Am Mittwochabend rund um das Spitzenspiel in München kulminierte dann beides: Stadionentscheidung - Neubau für 60 000 Zuschauer oder Ausbau auf 57 000? - und das Duell zwischen Rekordmeister und Rekordaufsteiger. Während die RB-Fußballer auf dem Rasen beim 3:0-Triumph des FC Bayern eine Lektion in Sachen »Mia san mia«-Mentalität erteilt bekamen, führten die RB-Bosse in der VIP-Lounge offenbar finale Gespräche. Anwesend war neben RB-Multifunktionär Oliver Mintzlaff und Sportdirektor Ralf Rangnick auch Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz.

Während die Mannschaft nach der »Lehrstunde« (Trainer Ralph Hasenhüttl) bedröppelt in den letzten gemeinsamen Abend vor dem Weihnachtsurlaub ging und in München im Hotel blieb, fuhren die ehrgeizigen Macher von Rasenballsport noch in der Nacht zurück nach Leipzig, um am nächsten Morgen die Verhandlungen mit Stadionbesitzer Michael Kölmel abzuschließen. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz verkündete Mintzlaff dann am Donnerstagmittag, »dass wir uns nach intensivem internen Prozess und guten Verhandlungen auf den Kauf der Red-Bull-Arena einigen konnten und RB Leipzig weiterhin da spielen wird«. Einzige Bedingung: Die Stadt muss noch entscheiden, ob die Bauvoranfrage positiv beschieden wird. Es geht um die Genehmigung, ob die Arena überhaupt von derzeit 43 000 auf die angestrebte Kapazität von 57 000 Zuschauern ausgebaut werden kann. Beginn des mehrere Etappen andauernden Umbaus soll 2018 sein.

Zwar verrieten weder Mintzlaff noch Kölmel konkrete Zahlen zum Kaufpreis. Doch beide wirkten ob der Entscheidung äußerst vergnügt. Bei gutem Essen, verriet Kölmel, habe es faire und zielstrebige Verhandlungen gegeben. Insgesamt gehe Kölmel nach zwölfeinhalb Jahren als Besitzer mit Gewinn aus dem Geschäft heraus. Kölmel hatte das Stadion mit etwa 44 Millionen Euro mitfinanziert und soll zuletzt 2,9 Millionen Euro für Miete und Namensrechte jährlich bezogen haben.

Angesichts der in den vergangenen Monaten mehrfach wiederholten »Tendenz zum Neubau« überraschte die für Mateschitz doch eher konservative, bodenständig und kompliziert umzusetzende Entscheidung für ein »unfassbar tolles Stadion für die Zukunft« (Mintzlaff) im Herzen Leipzigs. Ein auch bei den Fans populärer Entschluss, doch die RB-Macher hatten das Heft des Handelns wieder einmal voll im Griff.

Am Vorabend war das auf dem Rasen und auch im Nachgang des Spiels in München ganz anders gewesen. Während der FC Bayern die gekühlten Champagnerkübel in die Kabine des FCB bringen ließ und Uli Hoeneß sowie Karl-Heinz Rummenigge durch die Stadionkatakomben stolzierten, gaben die Spieler des geschlagenen Tabellenzweiten geknickt Auskunft.

Allen voran Emil Forsberg, dessen Rote Karte sinnbildlich dafür steht, wie überfordert RB Leipzig an diesem Abend war. Dass einem Edeltechniker und Strategen ein solch hilfloses Foul an Bayern-Kapitän Philipp Lahm unterläuft, offenbarte nur, wie überrumpelt die Leipziger angesichts des überlegenen Spiels des Rekordmeisters waren. Zutiefst betrübt sagte Forsberg: »Ich wollte Philipp Lahm stoppen, aber nicht so. Ich bin sehr traurig und habe mich bei Philipp und auch bei meiner Mannschaft entschuldigt.« Trotzdem wurde der Schwede vom DFB für drei Spiele gesperrt.

Noch übler gelaunt war höchstens Leipzigs impulsiver Sportdirektor Ralf Rangnick, der einzelne Spieler ebenso wie die grundsätzliche Herangehensweise kritisierte. »In der ersten Hälfte haben die Bayern eigentlich mit unseren Waffen geglänzt«, ärgerte sich der Manager. »Man hatte ein wenig den Eindruck, der ein oder andere sei überrascht.« Forsberg und Torhüter Peter Gulacsi beim Elfmeter an Douglas Costa hätten sich »Aussetzer« geleistet.

Dass sich einige Spieler von der Kulisse und Bedeutung des Spiels beeindrucken ließen, war augenfällig. »Zu locker waren wir nicht. Aber viele in unserer jungen Mannschaft waren das erste Mal bei einem solchen Spiel dabei«, argumentierte Gulacsi. Vorsichtig versuchte sich der Ungar noch in Optimismus: »Wir probieren es beim nächsten Mal wieder, vielleicht haben wir zuhause größere Chancen gegen die Bayern.« Sicher ist das nicht, ganz im Gegensatz zum Ort dieses »Zuhauses«. Über die kommenden Jahre bleibt das in der Leipziger Innenstadt.

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