Kremlbilanz
Klaus Joachim Herrmann über Putins Jahrespressekonferenz
Ohne Vorrede geht Präsident Putin vor 1400 Journalisten zur Sache: »Ihre Fragen bitte!« Von Trumps Wahl war der Kreml nicht überrascht. »Niemand hat an seinen Sieg geglaubt außer uns hier.« Die Demokraten seien schlechte Verlierer, wenn sie in Russland den Schuldigen suchten. Die Mahnung, »man muss mit Würde verlieren«, schallt wie eine Ohrfeige. Nach Obama und ohne Hillary Clinton sieht Moskau die Zukunft mit Washington optimistischer, ist in Syrien erfolgreich, militärisch und strategisch gestärkt, bei europäischen Turbulenzen demonstrativ neutraler Beobachter und wirtschaftlich langsam aus dem Schlimmsten raus - Jahresbilanzen können schlechter ausfallen.
Dazu ist der Chef im Inland unangefochten. Nicht nur scherzhaft kommt die Replik auf die Frage nach vorgezogenen Präsidentschaftswahlen: »In welchem Land?« Die Antwort klingt gelassen: »möglich, nicht zweckmäßig«. Manche Erkundigungen vaterländischer Medienvertreter - für westliche Journalisten denkbar unüblich - sind mit Glückwünschen und Dank für Wladimir Wladimirowitsch gewürzt. Der ist nicht nur der britischen »Times« der wirkliche Mann des Jahres - allerdings ohne das russophob beigefügte »wölfische Grinsen« und so gar kein Kinderfresser, wie übel entgleisend geschmäht. Auch 2017 wird mit ihm zu rechnen sein.
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