Qualität statt Quantität
Grit Gernhardt fragt sich, ob die Rekordbeschäftigung ein Grund zum Jubeln ist
Mehr Jobs, weniger Arbeitslose! Mit dieser freudigen Meldung aus dem Statistischen Bundesamt und in Erwartung weiterer positiver Meldungen, die am Dienstag von der Bundesagentur für Arbeit kommen werden, könnte der Kommentar schon wieder zu Ende sein - wenn die Wirklichkeit nicht etwas weniger erfreulich wäre. Denn die seit der Wiedervereinigung auf einen Rekordwert gestiegene Zahl der Erwerbstätigen sagt nicht viel über die Art der Erwerbstätigkeit aus. Teilzeitjobs, Leiharbeit, Werkverträge, Scheinselbstständigkeit, Minijobs - die teils hoch prekären Formen der Erwerbsarbeit sind weder mit dem Mindestlohn noch mit den diversen »Reformen« verschwunden.
Wer so arbeitet, kann sich oft wenig über seine Beschäftigung freuen, auch wenn sie die - ohnehin teilweise geschönte - Statistik seit Monaten immer besser aussehen lässt. Selbst wer auf dem geltenden Mindestlohnniveau unbefristet und in Vollzeit beschäftigt ist, bringt kaum genug Geld für das Durchbringen einer Familie heim.
Wichtig wäre deshalb eine Qualitäts- und keine weitere Quantitätsoffensive. Hunderttausende Flüchtlinge müssen in den Arbeitsmarkt integriert werden, fast eine Million Langzeiterwerbslose wartet auf einen Hoffnungsschimmer. Ihnen gute Arbeit anzubieten, sollte das Ziel der Politik sein - die Wahlen sind nicht mehr weit.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.