Für Bankkunden brechen schlechte Zeiten an
Sinkende Zinsen, steigende Gebühren
Die goldenen Zeiten für Sparer sind lange vorbei. Nun kommen auf Bankkunden auch noch Gebührenerhöhungen auf breiter Front zu. Kleiner Trost: In Deutschland buhlen so viele Institute um die Gunst der Verbraucher, dass sich Banken nicht alles erlauben können. Dass alle Geldhäuser im hart umkämpften deutschen Markt den Preiswettbewerb überleben werden, ist nach Einschätzung von Aufsehern keineswegs ausgemacht. In ihrem »Finanzstabilitätsbericht 2016« gibt die Bundesbank jedoch vorsichtig Entwarnung.
Warum dreht die Branche an der Gebührenschraube?
Wichtigste Ertragsquelle der Banken und Sparkassen in Deutschland ist traditionell der Zinsüberschuss - die Differenz zwischen dem, was die Institute etwa für Kredite kassieren und ihren Kunden als Sparzinsen zahlen.
Nach Branchenangaben stammen im Schnitt rund 70 Prozent der Erträge aus dieser Quelle. Weil die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen im Euroraum faktisch abgeschafft hat, brechen den Instituten Erträge weg.
Noch kann die Mehrheit der Häuser nach Einschätzung der Bundesbank Rückschläge verkraften, doch Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret warnte: »Insbesondere für Kreditinstitute mit einem stark zinsabhängigen Geschäftsmodell kann die anhaltende Phase sehr niedriger Zinsen mittel- bis langfristig zu einer ernsten Gefahr werden.«
Wofür müssen Bankkunden nun zahlen?
Girokonto, Girocard, Geldabheben - der Fantasie der Institute sind keine Grenzen gesetzt. Seit 2015 kassiert die Postbank mit ihren 14,3 Millionen Kunden 99 Cent für Überweisungen, die Kunden am Schalter abgeben. Etliche Sparkassen lassen es sich etwa teuer bezahlen, wenn Kunden Münzgeld am Schalter einzahlen wollen. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon ist überzeugt, dass es »in einigen Jahren praktisch nirgendwo mehr kostenlose Girokonten geben wird«. Und Bankenprofessor Dirk Schiereck prognostizierte: »Bei der Nutzung von bankeigenen Geldautomaten wird schon in ein, zwei Jahren ein Entgelt fällig werden.«
Können Banken bei Gebühren machen, was sie wollen?
Theoretisch ja. »Es gibt keine Obergrenze für Gebühren«, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Michael Kemmer. Indes buhlen in Europas größter Volkswirtschaft etwa 2000 Kreditinstitute um die Gunst der Kunden - deutlich mehr als in anderen Ländern. Kemmer ist daher überzeugt: »Wir haben in Deutschland einen extrem harten Wettbewerb, der wird dafür sorgen, dass die Gebühren nicht in den Himmel wachsen.« Größte Hürde: Die Kostenlos-Mentalität hat sich verfestigt. »Für die Kunden in Deutschland ist es Normalität, dass sie für die meisten Leistungen nichts bezahlen müssen«, so Nils Beier von der Beratungsgesellschaft Accenture.
Was können Kunden tun?
Vor allem genau hinschauen. Informieren Institute per Brief oder Kontoauszug über Preisänderungen, müsse dies mindestens zwei Monate vor der Umstellung erfolgen. Zudem ist die Bank verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass Kunden kostenfrei und fristlos kündigen können. Tun sie das nicht, müssen Kunden erhöhte Kosten nicht hinnehmen und können zu viel gezahlte Beträge zurückfordern.
Müssen Bankkunden nun sogar dafür bezahlen, dass sie Geld anlegen?
Geschäftsbanken müssen für Geld, das sie bei der EZB parken, 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Die Kosten dafür geben etliche an Unternehmenskunden weiter.
Vereinzelt langen sie auch bei Privatkunden zu: Für Schlagzeilen sorgte die Volksbank Niederschlesien aus Görlitz, weil sie - als erstes Geldhaus in Deutschland - für die Annahme von Tagesgeld auch von Kleinsparern Gebühren verlangt: mindestens fünf Euro ab dem ersten Euro. Man wolle ein Signal setzen, begründete Vorstand Sven Fiedler den Schritt im »Handelsblatt«: »Wir wollen keine Trittbrettfahrer anlocken, die nur zu uns kommen, um woanders Gebühren zu vermeiden.«
Experten sind nach wie vor überzeugt, dass sich Strafzinsen für Privatkunden nicht durchsetzen werden. dpa/nd
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