Chaos in Oslo
Verbot von Dieselautos führt zu Unmut auf der Straße
Was sich viele Städte im deutschsprachigen Raum nicht trauen, hat Norwegens rot-rot-grüne Hauptstadtregierung am Dienstag erstmals erprobt. Wegen des Wintersmogs durften seit sechs Uhr morgens keine privaten Dieselautos mehr in die Stadt Oslo. Das Verbot soll gelten, bis die Luft besser wird.
Dieselautos machen derzeit rund 45 Prozent der Personenkraftwagen im zwei Millionen Menschen zählenden Großraum Oslo aus. Dementsprechend groß war das Chaos, Busse und Bahnen waren überfüllt. Viele kamen zu spät zur Arbeit und waren sauer darüber, dass sie entgegen Versprechungen für den Nahverkehrstransport zahlen mussten. Messstationen hatten am frühen Morgen wegen Schneefällen zudem von deutlich besseren Luftwerten gesprochen, als erwartet.
Wilhelm Simonsen war einer der zahlreichen Pendler, die das Verbot deshalb ignorierten. Erfolglos. Polizei, Wegeamt und die städtische Umweltagentur hatten sich an nahezu allen großen Einfahrtswegen positioniert und fischten Umweltsünder heraus. »Haben sie einen speziellen Grund, heute ihr Dieselfahrzeug zu nutzen?«, wurde Simonsen gefragt. »Nein, keinen anderen, als dass ich nur dieses Auto habe«, sagte er. Wie viele andere mussten er sein Auto nur stehenlassen und den restlichen Weg zur Arbeit mit den Nahverkehrsmitteln zurücklegen. Die Polizei hielt sich am ersten Tag mit Bußgeldern zurück.
Die Stadtregierung rechtfertigte die Maßnahme mit den hohen Stickoxidwerten im Winter. Viele Bürger leiden an Asthma, jährlich sollen laut Stadtregierung 183 Osloer an den Auswirkungen von Luftverschmutzungen sterben. Auch deshalb hat die Regierung neben dem akuten Dieselverbot auch ein radikales langfristiges Ziel. Bis 2024 will sie alle Autos mit Verbrennungsmotoren aus der Innenstadt verbannen. Schrittweise soll die Stadtmaut für diese Fahrzeuge von 33 Kronen drastisch angehoben werden. Im Gegenzug soll der lückenhafte kommunale Nahverkehr deutlich ausgebaut werden.
In keinem anderen Land gibt es zudem so viele Elektroautos gemessen an der Einwohnerzahl, auch wegen finanzieller Erleichterungen und Vorteilen im Straßenverkehr. Allerdings ist der Erfolg umstritten. »Die erlassenen Abgaben von jährlich rund 6200 Euro pro E-Auto könnte andernorts wirksamer zur CO2-Reduzierung genutzt werden«, kritisiert Anders Skonhoft, Volkswirtschaftsprofessor von der Universität Trondheim. Vor allem wohlhabende Bürger nutzen das E-Auto als Zweitwagen - und damit die als im Innenstadtverkehr Vorrang genießenden Zweitwagen.
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