Na sowas: Linksruck bei Frankreichs Sozis
Benoît Hamon könnte die Alternativlosigkeit neoliberaler Politik in Frankreich aufbrechen, meint Elsa Koester
Na sowas: Es gibt tatsächlich noch Sozialdemokraten in der französischen »Parti Socialiste«. Und sogar WählerInnen, die an sie glauben. Nach Jahren des radikalen Abbaus sozialer Rechte, des Ausnahmezustands und der autoritären Staatslenkung unter »Sozialisten« ist das ein kleines Wunder. 35 Prozent hat Benoît Hamon bei den Vorwahlen der Parti Socialiste geholt und liegt damit vor Manuel Valls – für Beobachter und Meinungsforscher mal wieder überraschend.
Das heißt noch lange nicht, dass Hamon sich ernsthafte Chancen einräumen kann. Selbst bei einem Sieg Benoît Hamons in der Stichwahl gegen Manuel Valls bleibt unklar, ob die apokalyptische Stichwahl zwischen dem ultrakonservativen Fillon und der autoritär-rechten Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen abgewendet werden kann. Umfragen zufolge liegt der unabhängige liberale Kandidat Emmanuel Macron auf dem dritten Platz. Aber Umfragen lagen schon häufig daneben. So oder so: Der Auftritt Hamons auf der politischen Bühne Frankreichs ist für die gesellschaftliche Linke eine Erleichterung. Denn er tut etwas, das Sozialdemokraten schon lange nicht mehr geschafft haben: Er zeigt linke Alternativen auf.
Denn was der Präsidentschaftskandidat anbietet, ist echte sozialdemokratische Politik – die Abfederung der Risiken von Erwerbstätigen, Prekären und Erwerbslosen. Hamon will ein bedingungsloses Grundeinkommens von 750 Euro einführen, auch als Lösung für die Herausforderungen der digitalen Revolution. Das von Valls und Hollande per Dekret am Parlament vorbei geprügelte Arbeitsgesetz will er zurücknehmen. Und dem autoritären Regieren per Dekret will der Politiker Elemente der direkten Demokratie entgegen setzen: Organisieren sich 450.000 WählerInnen, können sie ein Gesetz zurück ins Parlament holen, das bereits verabschiedet worden ist.
Das macht Hamon keineswegs zum Revolutionär, aber zu einem Politiker, der sozial-progressive statt autoritär-reaktionärer Antworten auf die Krisen unserer Zeit sucht. Und das jenseits von Mélenchons Front de Gauche, mitten in der sogenannten »Mitte« der Gesellschaft – Zentrum der neoliberalen Orientierungslosigkeit. Die politischen Vorhaben Hamons machen ihn zum Visionär: einer sozialen Demokratie. Und das will heutzutage etwas heißen in Frankreich.
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