Razzia gegen mutmaßliche rechte Terrorbande
Polizei findet Waffen und Sprengmittel / Hauptverdächtiger wird den »Reichsbürgern« zugeordnet
Karlsruhe. Nach einer bundesweiten Razzia gegen Rechtsextremisten hat die Bundesanwaltschaft zwei Verdächtige vorläufig festnehmen lassen. Darunter ist nach Informationen der Deutschen Presseagentur ein 62 Jahre alter Hauptverdächtiger aus Schwetzingen nahe Heidelberg. Er soll der Bewegung der »Reichsbürger« nahestehen. Mit einem weiteren Mann ist er dringend verdächtig, eine rechtsextreme Terrorvereinigung gegründet zu haben. Ob es sich bei diesem um einen während einer Durchsuchung in Berlin-Moabit Festgenommenen handelt, sagte die Bundesanwaltschaft nicht. Bei den Razzien wurden unter anderem Waffen, Munition und Sprengmittel gefunden.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt insgesamt gegen sechs Verdächtige im Alter von 35 bis 66 Jahren. Die Männer, die vorwiegend über soziale Medien miteinander vernetzt gewesen sind, sollen seit dem Frühjahr 2016 Anschläge auf Juden, Asylbewerber und Polizisten in Deutschland geplant haben. Erkenntnisse zu konkreten Anschlagsplänen gebe es jedoch nicht, hieß es. Ein weiterer Mann soll die Gruppe unterstützt haben.
Sicherheitskreise bestätigten Medienberichte, wonach der Hauptverdächtige sich als »keltischen Druiden« bezeichnet. Unklar war zunächst, ob noch weitere »Reichsbürger« unter den Verdächtigen sind. Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Die Bewegung wird bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.
Nach Angaben von Hans-Georg Maaßen, dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes, werden derzeit rund 10 000 Personen der »Reichsbürger«-Szene zugeordnet. Die Bewegung sei sehr heterogen, erklärte Maaßen am Mittwoch. Rund 500 bis 600 Personen werden als rechtsextremistisch eingeschätzt. Sorge bereite dem Verfassungsschutz »die erhebliche Gewaltbereitschaft und gestiegene Aggressivität dieser Szene. Außerdem stellen wir Vernetzungsaktivitäten fest«, sagte Maaßen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) betonte nach der Razzia die Wichtigkeit des Kampfes gegen Verfassungsfeinde. Etwaiger entstehender Rechtsterrorismus werde von den Sicherheitsbehörden im Keim erstickt, sagte er am Mittwoch. Der Rechtsstaat bleibe »entschlossen und wachsam«, betonte er.
Die Durchsuchungen hatten am Mittwochmorgen in Wohnungen und weiteren Räumen in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt begonnen. An dem Einsatz waren insgesamt rund 200 Polizeibeamte beteiligt. Ziel sei gewesen, weitere Beweismittel für das tatsächliche Bestehen einer Vereinigungsstruktur sowie zu möglichen geplanten Straftaten zu gewinnen. Der Generalbundesanwalt hat die Polizei in Baden-Württemberg mit der Federführung betraut.
Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die Ermittlungen als wichtiges Zeichen gegen den Rechtsextremismus. Deren Szene wächst nach Einschätzung von Sicherheitskreisen derzeit an und umfasst aktuell rund 23 000 Personen, wie der Tagesspiegel am Mittwoch berichtete. Besorgniserregend auch in der rechten Szene: Die Zahl der Gewaltorientierten stieg im vergangenen Jahr um 300 Personen an und umfasst derzeit rund 12 100 Personen. Agenturen/nd
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