Die Frage von Eigentum, Asylpolitik und Rassismusschleuder

Christian Baron über guten und schlechten Populismus

  • Christian Baron
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Zeiten sind wirklich verwirrend: Wer bisher als Teil des linken Flügels der deutschen Linkspartei galt, wird von Vertretern des bislang als »rechts« bezeichneten Flügels von links kritisiert. Die Einlassungen zur Flüchtlingspolitik durch das Ehepaar Wagenknecht/Lafontaine spielten dem Rechtspopulismus in die Hände, monieren vor allem Mitglieder der regierungswilligen Parteiströmung »Forum Demokratischer Sozialismus«.

Dabei bewegt sich Lafontaine mit den inkriminierten Sätzen seines jüngsten »Welt«-Interviews weitgehend auf jener politischen Linie, die nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Landesregierungen unter Beteiligung der Linkspartei unterstützen. Und darin liegt der eigentliche Skandal. Lafontaine beruft sich auf bestehendes Unrecht und wird anschließend ausgerechnet von denen attackiert, die dieses Unrecht mit umsetzen, anstatt jede Regierung aufzukündigen, die Abschiebungen für ein legitimes politisches Mittel hält.

Der liberale Populismus hat die Moral zum strategischen Argumentationsprinzip erhoben, um den ökonomischen Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit aus der Diskussion herauszuhalten. Ein Populismus à la Lafontaine und Wagenknecht, der rechte Phantasmen wie »Gastrecht« oder »Volk« links wenden will, muss darum immer scheitern in einer Öffentlichkeit, die Grenzen des Sagbaren festlegt und jede streitbare Äußerung zur Asylpolitik mit der Rassismusschleuder beantwortet.

Dabei geht unter, dass Wagenknecht und Lafontaine ein sozialpolitisches Programm propagieren, das sich nicht als »rechts« diffamieren lässt, sondern schlimmstenfalls das Signum »utopisch« erhalten kann. Würden die beiden ihr Fischen am rechten Rand einstellen und sich stattdessen darauf beschränken, die strukturellen Eigentumsverhältnisse in Frage zu stellen, wäre der politische Mainstream früher oder später gezwungen, sich zu den offengelegten Widersprüchen zu verhalten. Nur so kann linker Populismus erfolgreich sein.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.