0,15 Prozent
Israel erkennt in der westlichen Welt die wenigsten Flüchtlinge an
In Israel leben etwa 43 000 Asylsuchende. Rund 73 Prozent von ihnen stammen aus Eritrea, 19 Prozent aus Sudan. Die meisten von ihnen kamen bis 2012 über den Sinai und die ägyptisch-israelische Grenze ins Land. Im Jahr 2014 stellte Israel einen 240 Kilometer langen Hightech-Grenzzaun fertig. Seitdem ist die Zahl neu ankommender Flüchtlinge stark gesunken.
Flüchtlinge aus Sudan, Eritrea und Kongo stehen in Israel unter »Gruppenschutz«. Sie erhalten eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung, die sie mehrmals im Jahr verlängern lassen müssen. Diese Aufenthaltsgenehmigung garantiert ihnen, nicht abgeschoben zu werden, sie garantiert jedoch keine Arbeitserlaubnis oder Zugang zu Gesundheits- und Sozialsystemen. Bis 2013 war es Geflüchteten mit diesem Status nicht möglich, einen Asylantrag zu stellen. Seit 2013 können auch sie einen Asylantrag ausfüllen. Von 2009 bis Mitte 2016 erhielten nur ein Sudanese und vier Eritreer Asyl in Israel. Die Anerkennungsrate von Flüchtlingen in Israel ist mit insgesamt 0,15 Prozent die niedrigste in der westlichen Welt. Bis 2009 überprüfte das UN-Flüchtlingskommissariat Asylanträge, seine Empfehlungen wurden vom Innenminister weitgehend angenommen. Seit 2009 überprüft das Innenministerium die Anträge selbst und stellt extrem hohe Hürden. Im Unterschied zu fast allen anderen westlichen Staaten wird etwa das Desertieren von der eritreischen Armee nicht als Asylgrund anerkannt.
Das sogenannte Anti-Infiltrationsgesetz ermöglicht es zudem, Flüchtlinge in Spezialgefängnissen einzusperren. So gibt es etwa das Gefängnis Saharonim und die »offene« Anstalt Holot. In Holot sind die Geflüchteten über Nacht eingesperrt, tagsüber dürfen sie das Gefängnis verlassen. Beide Einrichtungen befinden sich jedoch mitten in der Wüste, nahe der ägyptischen Grenze. Ursprünglich sah das Gesetz zeitlich unbeschränkte Haft vor. Das Verfassungsgericht erklärte die Regelungen mehrfach für unverhältnismäßig und begrenzte die Haftzeiten. Mittlerweile dürfen Geflüchtete drei Monate in Saharonim und bis zu zwölf Monate in Holot eingesperrt werden.
Da Abschiebungen in die Heimatländer nicht möglich sind, setzt die israelische Regierung auf »freiwillige« Ausreisen. Dazu hat das Land Abkommen mit anderen afrikanischen Staaten geschlossen, zum Beispiel mit Uganda und Ruanda. Geflüchtete werden von den israelischen Behörden bei der Verlängerung ihrer temporären Aufenthaltsgenehmigung in vielen Fällen vor die Wahl gestellt, nach Holot zu gehen oder 3500 Dollar anzunehmen und in einen afrikanischen Drittstaat auszureisen. Im Jahr 2015 reisten etwa 3000 Eritreer und Sudanesen »freiwillig« aus. Menschenrechtsorganisationen werten diese Praxis als unvereinbar mit der Genfer Flüchtlingskonvention, die auch Israel ratifiziert hat.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.