Fillons Freunde verlassen sinkendes Schiff

Präsidentschaftskandidat der französischen Konservativen wird immer stärker zum Rücktritt gedrängt

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Lage des konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon wird immer kritischer und aussichtsloser. Am Freitag hat die Finanzpolizei im Rahmen der Ermittlungen um die fiktive Beschäftigung von Frau und Kindern als seine Parlamentsassistenten die Pariser Wohnung der Familie Fillon durchsucht. Während Fillon auf Meetings in der Provinz nach wie vor versichert, er werde nicht weichen und bis zum Letzten kämpfen, wenden sich immer mehr Parteifreunde von ihm ab.

Aus der Überzeugung heraus, dass Fillon in der Öffentlichkeit in höchstem Maße diskreditiert ist und dass seine uneinsichtige Haltung die Lage für die Rechte nur immer noch schlimmer macht, wächst der Druck aus der eigenen Partei, als Kandidat zurückzutreten. Er habe keine Aussicht mehr, es bis in den zweiten Wahlgang zu schaffen und solle den Platz freimachen für einen anderen, der die Sache der Konservativen vielleicht noch retten kann.

Fast alle Parlamentsabgeordneten und zahlreiche prominente Politiker seiner Partei der Republikaner (LR) haben ihm bereits die Unterstützung aufgekündigt. Dazu gehören beispielsweise der ehemalige Außenminister Dominique de Villepin oder die Ex-Ministerin Nadine Morano. Doch der schwerste Schlag war wohl am Freitag der Rücktritt von Fillons Sprecher Thierry Solère, der ihn noch vor zwei Tagen vor den Fernsehkameras vehement in Schutz genommen hatte.

Am selben Tag hat auch der stellvertretende Leiter und Kassenwart der Wahlkampagne Gilles Boyer den Präsidentschaftskandidaten verlassen und mit ihm gingen mehr als ein Dutzend Mitarbeiter der Pariser Wahlkampfzentrale.

Gleichzeitig verlautete aus der Umgebung von Alain Juppé, der bei der Vorwahl im vergangenen November Zweiter geworden war, dass dieser sich bereit halte, falls ihn die Partei rufe. Er stünde als Kandidat allerdings nur zu Verfügung, wenn Fillon in aller Form zurücktritt und wenn er darauf vertrauen kann, dass sich die Partei der Republikaner geschlossen hinter ihn als Einheitskandidaten der Rechten stellt. Doch die Zeit drängt, denn in zwei Wochen ist offizieller Meldeschluss für die Kandidaten. Bis dahin müssen beim Verfassungsrat für jeden Kandidaten mindestens 500 Unterschriften von Bürgermeistern oder Abgeordneten des Parlaments oder regionaler Körperschaften eingegangen sein, die sie unterstützen. Während für Fillon schon mehr als 1100 Unterschriften vorliegen, sind alle anderen Kandidaten noch mehr oder weniger weit von den nötigen 500 entfernt.

Anhänger von Juppé rufen die Bürgermeister des Landes und andere potenzielle Unterstützer auf, schon jetzt ihre Unterschrift für Juppé zu geben und einzuschicken. Wie verlautete, soll auch der nach wie vor einflussreiche ehemalige französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy inzwischen seinen Widerstand gegen eine alternative Kandidatur Juppés aufgegeben haben. Seite 21

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