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Abschiebungen: Wagenknecht fordert mehr
BSW-Chefin moniert hohe Zahl gescheiterter Rückführungen
Einmal mehr hat Sahra Wagenknecht die aus ihrer Sicht unzureichende Zahl von Abschiebungen ausreisepflichtiger Asylbewerber skandalisiert. Dies geschah mittels einer parlamentarischen Anfrage zum Anteil gescheiterter Rückführungen. Die Bundesregierung teilte daraufhin mit, dass von Januar bis September dieses Jahres fast 62 Prozent der geplanten Abschiebungen nicht vollzogen werden konnten. Über die Daten berichtete am Dienstag zuerst die »Neue Osnabrücker Zeitung« (NOZ).
Demnach waren im genannten Zeitraum 38 328 Rückführungen geplant, von denen 23 610 scheiterten (61,6 Prozent). 14 718 wurden demnach vollzogen. 2023 mussten 31 330 bzw. 65,6 Prozent der geplanten Rückführungen abgebrochen werden oder scheiterten. Vollzogen wurden 16 430. 2022 betrug der Anteil der gescheiterten Abschiebungen 64,3 Prozent, 2021 waren es 60,6 Prozent. Eine Frage Wagenknechts zu den Kosten der abgebrochenen Maßnahmen ließ das Bundesinnenministerium unbeantwortet. Dazu lägen keine Daten vor, hieß es.
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Wagenknecht, Chefin der von ihr gegründeten Partei BSW, wirft der Bundesregierung angesichts der Zahlen »Wortbruch« vor. Denn das erklärte Ziel der Ampel ist eine starke Erhöhung der Zahl der Abschiebungen. Dafür hatte der Bundestag mit den Stimmen von Ampel-Koalition und Union das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz beschlossen. Es sieht insbesondere verlängerte Haftmöglichkeiten für Abschiebepflichtige und mehr Rechte der Polizei bei Durchsuchungen von Unterkünften vor.
Wagenknecht moniert nun, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe »vor einem Jahr vollmundig versprochen, dass endlich wieder Recht und Gesetz gelten und Ausreisepflichtige konsequent abgeschoben werden«. Herausgekommen sei »eine Luftnummer«, sagte die Politikerin der »NOZ«. Dass »selbst Straftäter oft genug im Land bleiben«, findet sie »empörend«.
Dabei scheitern Abschiebungen gerade, weil sie bei Einhaltung geltenden Rechts nicht durchgezogen werden dürften: Gerichte untersagen die Zwangsmaßnahme. Oder der Staat, in den die Menschen gebracht werden sollen, verweigert die Aufnahme. Oft treten aber auch gravierende gesundheitliche Probleme bei den Betroffenen auf. Wegen der traumatisierenden Situation kollabieren zum Beispiel etliche von ihnen. In solchen Fällen ist der Abbruch der Maßnahme zwingend.
Weitere Gründe dafür, dass nicht abgeschoben werden kann: Flüge fallen aus oder die Betroffenen werden nicht in ihrer Unterkunft angetroffen. Auch Personalmangel in den Behörden spielt eine Rolle.
Weiter behauptete Wagenknecht, aktuell kämen Jahr für Jahr fast zehnmal so viele nicht-schutzbedürftige Personen nach Deutschland, wie ausreisepflichtige abgeschoben würden. »Dieses Missverhältnis ist der Inbegriff der unkontrollierten Migration, die viele Probleme in unserem Land – von Wohnungsmangel bis zu überforderten Schulen – immer weiter verschärft«, erklärte die BSW-Chefin.
Nach Angaben des Bundeskriminalamts wurden im vergangenen Jahr 266 224 Menschen als unerlaubt eingereist registriert. Dies entsprach einem Anstieg um 33 Prozent gegenüber 2022. Viele von ihnen werden jedoch als schutzbedürftig anerkannt. So waren die Hauptherkunftsstaaten der Registrierten Syrien, die Türkei und Afghanistan, wo vielen Betroffenen politische Verfolgung und Gefahr für Leib und Leben drohen. Allein aus diesen Ländern kamen im vergangenen Jahr fast die Hälfte der als unerlaubt eingereist Registrierten.
Hinzu kommt, dass bereits seit immer mehr Menschen an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werden. So hat die Bundespolizei in den ersten neun Monaten dieses Jahres 53 410 unerlaubte Einreisen registriert. Mit 28 321 Personen wurden über die Hälfte der Betroffenen zurückgewiesen.
Zugleich steigt die Zahl der vollzogenen Abschiebungen. So wurden 2023 rund 27 Prozent mehr Menschen außer Landes gebracht als 2022. Und im ersten Halbjahr 2024 wurden 20 Prozent mehr Personen abgeschoben als im Vorjahreszeitraum.
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