Ermittlungsverfahren gegen Fillon

Auch Marine Le Pen in Frankreich wegen Betrugs im Visier der Justiz

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Gegen den rechtsbürgerlichen Präsidentschaftskandidaten François Fillon wurde am Dienstag wie erwartet das offizielle strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Für einen solchen Fall hatte Fillon noch Anfang des Jahres versichert, er würde dann von seiner Kandidatur zurücktreten. Das entspreche seiner »Überzeugung von der moralischen Verpflichtung eines Politikers«. Doch seitdem er durch Enthüllungen in der Presse Ende Januar tatsächlich in diese Situation gekommen ist, hält er stur an seiner Kandidatur fest. Vor dem Ermittlungsrichter, der ihm Hinterziehung öffentlicher Gelder, Mithilfe bei der Unterschlagung von Firmenvermögen und Verletzung der Offenlegungspflichten von Politikern vorwirft, hat Fillon keine Frage beantwortet, sondern nur eine Erklärung verlesen, in der er pauschal alle Vorwürfe von sich weist.

Dem Ex-Premier wird vor allem eine Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau Penelope als seine angebliche parlamentarische Assistentin vorgeworfen. Zeitweise hat er auch einen Sohn und eine Tochter als angebliche Assistenten durch das Parlament entlohnen lassen. Hinzu kam eine Scheinbeschäftigung seiner Frau als angebliche literarische Beraterin in einer Zeitschrift, die einem von Fillons Freunden, dem Milliardär Marc Ladreit de Lacharrière, gehört. Von dem hat er auch 50 000 Euro als angeblich zinsloses Darlehen, wahrscheinlich aber als illegale Wahlkampfhilfe bekommen und nicht bei der »Transparenzbehörde« angezeigt. Insgesamt kassierte die Familie Fillon rund eine Million Euro brutto.

Dabei konnte die Justiz die jüngsten Enthüllungen der Medien noch gar nicht berücksichtigen. So hat sich François Fillon von seinen Kindern 70 Prozent ihres Parlamentsgehalts zurücküberweisen lassen. Außerdem wurde entdeckt, dass er sich seit Jahren von einem renommierten Pariser Schneider Maßanzüge anfertigen ließ und die Rechnungen, die sich auf mehr als 40 000 Euro summiert haben, von einem nicht genannten Freund beglichen wurden.

Doch auch die rechtsextreme Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen hat mit der Justiz zu tun. Die wirft ihr die fiktive Beschäftigung von zwei Funktionären des Front National als ihre Assistenten im Europaparlament vor. Unter Berufung auf ihre Immunität als Abgeordnete weigert sich Marine Le Pen, den Vorladungen des Untersuchungsrichters Folge zu leisten. Jetzt wurden gegen sie und ihren Vater Jean-Marie Le Pen Steuerstrafverfahren eingeleitet, weil sie den Wert von Immobilien, die der Familie gehören, um 60 Prozent zu niedrig angegeben haben.

François Fillon wie auch Marine Le Pen erklären zu ihrer Verteidigung, die Justiz werde gegen sie und ihre Kandidatur »instrumentalisiert«. Dabei richten sich die Vorwürfe der Richter und die Kritik der Öffentlichkeit tatsächlich gegen das fehlende Unrechtsbewusstsein der Politiker sowie ihre Verstöße gegen Gesetze und gegen die moralische Verpflichtung von gewählten Volksvertretern, sich untadelig zu verhalten.

Unterdessen nahm die französische Justiz auch Vorermittlungen im Zusammenhang mit einer USA-Reise des damaligen Wirtschaftsministers und jetzigen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron auf. Die Pariser Staatsanwaltschaft prüfe den Vorwurf der Günstlingswirtschaft, bestätigten Justizkreise. Das Enthüllungsblatt »Canard Enchaîné« hatte berichtet, dass die vom Wirtschaftsministerium abhängige Einrichtung Business France die Organisation der Veranstaltung ohne Ausschreibung an eine Werbe- und PR-Agentur vergeben habe. Dem Blatt zufolge hatte der Auftrag einen Wert von gut 380 000 Euro.

Doch was soll man von den Politikern erwarten, wenn selbst der »Deontologie-Beauftragte« der Nationalversammlung, Professor Ferdinand Mélin-Soucramanien, mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Wie jetzt bekannt wurde, hat sich der Wächter über die Moral der Abgeordneten für dieses Amt von der Universität Bordeaux von der Hälfte seiner Vorlesungen freistellen lassen. Trotzdem hat er von der Universität weiter sein volles Gehalt vom monatlich 5800 Euro brutto bezogen und zusätzlich vom Parlament 4100 Euro. Eine solche Mehrfachbezahlung durch Ämterhäufung hätte er durch die Universität genehmigen lassen müssen. Der Staatsrechtsprofessor erklärt, er habe diese gesetzliche Vorschrift »nicht gekannt«.

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