Lafontaine: »Wir wollen eine Regierung mit der SPD«

LINKE könnte durch ein Bündnis mit den Sozialdemokraten nach der Saarlandwahl ein in ganz Deutschland beachtetes Zeichen setzen

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Saarbrücken. In Berlin bestimmt Oskar Lafontaine längst nicht mehr den politischen Kurs - doch im Saarland sieht das nach wie vor anders aus: Dort könnte der LINKEN-Spitzenkandidat seine Partei nach der Landtagswahl am Sonntag sogar in eine Regierungskoalition mit der SPD führen. Damit würde der 73-Jährige ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl noch einmal ein in ganz Deutschland beachtetes Zeichen setzen.

In seiner Heimat ist Lafontaine nach wie vor die unumstrittene Nummer eins seiner Partei. Mit ihm an der Spitze kann die Linkspartei Umfragen zufolge wieder mit einem zweistelligen Ergebnis rechnen. Dabei dürfte ihm noch immer helfen, dass er 13 Jahre lang Ministerpräsident an der Saar war - allerdings mit SPD-Parteibuch.

Sein Bruch mit den Sozialdemokraten im Streit um die Politik des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder belastete gerade im Saarland lange das Verhältnis zwischen SPD und Linkspartei. Doch inzwischen ist auch dort eine politische Zusammenarbeit wieder denkbar - und Umfragen zufolge könnten Lafontaines frühere und heutige Partei bei der Wahl auch zusammen eine Mehrheit erreichen.

Ein Regierungswechsel sei »greifbar nah«, sagte Lafontaine bei einer Fernsehdebatte der Spitzenkandidaten im Saarländischen Rundfunk. Im Land scheine es eine Wechselstimmung zu geben. Zwischen Lafontaine und der CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer saß bei der Debatte Landeswirtschaftsministerin und SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger, die sich vor der Wahl weder auf eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU noch auf ein Bündnis mit der Linkspartei festlegen will.

Für fünf weitere Jahre einer schwarz-roten Landesregierung, die Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer anstrebt, wird es laut den Umfragen auf jeden Fall reichen. Während die CDU aber vermutlich keine Alternativen dazu haben wird, könnte die SPD sich womöglich auch für ein Bündnis mit den LINKEN entscheiden.

Sollte es dazu tatsächlich kommen, würde sich für Lafontaine im Saarland ein Kreis schließen. In seiner Heimat feierte er einst als SPD-Politiker seine größten Erfolge - und nun könnte er dort als LINKEN-Spitzenkandidat dabei mitwirken, die beiden Parteien am Ende seiner politischen Karriere wieder näher aneinander zu führen. »Wir wollen eine Regierung mit der SPD«, betonte Lafontaine in einem Interview mit der »Bild« am Mittwoch. Er warnte allerdings davor, dass die Sozialdemokraten sich auch die Option einer Koalition mit der CDU offenhielten. »Je stärker die LINKE wird, umso wahrscheinlicher wird eine rot-rote Regierung«, so Lafontaine.

Ein Problem, die SPD-Spitzenfrau Rehlinger zur künftigen Ministerpräsidentin zu wählen, sieht er übrigens nicht: »Das fällt mir nicht schwer. In der Landespolitik stimmen wir in vielen Fragen überein.« Auch gehe es ihn um »eine faire Zusammenarbeit auf Augenhöhe.« Das klingt nicht mehr nach dem Lafontaine, der die Sozialdemokraten einst im Streit verließ und mit denen ihm dennoch immer viel verband.

Noch während seines Physikstudiums in Bonn und Saarbrücken trat Lafontaine 1966 in die SPD ein. Zehn Jahre später wurde er Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, 1977 auch Vorsitzender der Saar-SPD. Mit ihm an der Spitze holten die Sozialdemokraten bei der Landtagswahl 1985 erstmals die absolute Mehrheit, Lafontaine wurde Ministerpräsident und blieb es bis 1998.

Die SPD setzte damals auch in der Bundespolitik auf den Saarländer. Zum Vorsitzenden der Partei wurde er 1995 gewählt, in der rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Schröder übernahm er 1998 das Amt des Finanzministers. Doch 1999 trat er als Minister und SPD-Chef zurück, 2005 verließ er schließlich sogar die Partei.

Seine zweite politische Heimat wurde die Linkspartei, an deren Entstehen er maßgeblich beteiligt war und die er als Partei- und Fraktionschef entscheidend prägte. Nach einer Krebserkrankung zog er sich 2010 zurück, blieb jedoch im Saarland Fraktionschef. Verheiratet ist er mittlerweile mit der Chefin der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht.

Bereits zum dritten Mal nach 2009 und den vorgezogenen Neuwahlen im Jahr 2012 tritt er nun als LINKEN-Spitzenkandidat im Saarland an - und könnte mit einem rot-roten Bündnis nach der Wahl auch noch einmal den Kurs der Politik im fernen Berlin beeinflussen. Agenturen/nd

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