Diese Sonne scheint nicht vom Himmel

Wissenschaftler des Instituts für Solarforschung in Jülich wollen mit dem Simulator »Synlight« Treibstoff produzieren

  • Elke Silberer, Jülich
  • Lesedauer: 3 Min.

Die künstliche Supersonne scheint nicht vom Himmel, sondern in einem Gebäude. Der Sonnensimulator heißt »Synlight« und steht in Jülich bei Aachen. Selbst die indirekte Strahlung von den Wänden ist noch so stark, dass der Mensch sie nur etwa eine Sekunde lang aushalten könnte. Gebündelt auf einen kleinen Fleck ist die Lichtintensität so groß, als würde sie von 10 000 Sonnen kommen. Die strombetriebene Hochleistungssonne des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) geht am Donnerstag in Betrieb.

Forscher des DLR-Instituts für Solarforschung wollen Produktionsverfahren für Kraftstoffe aus Sonnenlicht entwickeln. Es geht nicht um Treibstoffe für Autos, sondern für große Flugzeuge. »Bei den Autos glauben wir, dass Elektromobilität eine super Sache ist. Für große Flugzeuge ist es im Augenblick nicht vorstellbar, dass man sie elektrisch antreibt, also mit Batterien ausstattet«, sagt DLR-Projektleiter Kai Wieghardt. Wenn Wasserstoff mit Kohlendioxid reagiert, entsteht klimaneutrales Benzin, weil keine zusätzlichen Brennstoffe aus dem Boden geholt werden. Ein Ziel ist die effiziente Herstellung von Wasserstoff, der als besonders umweltfreundlicher Treibstoff der Zukunft gilt. Da Wasserstoff nur als chemische Verbindung vorkommt - z. B. im Wasser gebunden an ein Sauerstoffatom - wird er in Jülich in einem direkten chemischen Prozess abgespalten - mit Energie der künstlichen Sonne: Metall wird auf 800 Grad erhitzt und mit Wasserdampf bespritzt. Das Metall reagiert mit Sauerstoff, Wasserstoff bleibt übrig. Beim weiteren Erhitzen wird der Sauerstoff wieder vom Metall getrennt. Es soll auch untersucht werden, welches Metall sich am besten dafür eignet.

Wegen der Wolken und der Luftzirkulation unter freiem Himmel haben die Forscher in der Natur nie gleiche Strahlungsverhältnisse, wie sie für reproduzierbare Versuche nötig sind. Und bisherige Laboranlagen sind viel zu klein, um aus den Ergebnissen Wahrscheinlichkeiten für die Praxis berechnen zu können. Das soll mit dem großen Sonnensimulator anders werden.

Mit rund 350 Kilowatt hat die künstliche Sonne nach DLR-Angaben etwa das Zehnfache der Leistung herkömmlicher Laboranlagen - und mehr als alle Labor-Hochleistungsstrahler weltweit. Die Anlage besteht aus 149 Lampen, die normalerweise für Großkinoprojektoren verwendet werden. »Wir verwenden die Lampen, weil ihr Licht dem der Sonne am ähnlichsten ist«, sagt der Projektleiter. Die innen verspiegelten Lampenschirme haben einen Durchmesser von einem Meter. Sie sind auf einer 14 Meter hohen und 16 Meter breiten Fläche wabenförmig angeordnet.

Die Forschungsarbeiten in der Sonnensimulation werden nach DLR-Einschätzungen »etliche Jahre« dauern. Es gilt, das schier endlose Energiereservoir der Sonne nutzbar zu machen: »Die Sonne schickt uns das 10 000-fache des Weltenergieverbrauchs auf die Erde. Das ist ein Vielfaches der natürlichen Ressourcen, die es an Brennstoffen und Treibstoffen noch gibt«, sagt Wieghardt.

Mit dem direkten Verfahren geht die DLR einen eher ungewöhnlichen Weg. Üblich ist bei der Gewinnung von Wasserstoff der Umweg über die Elektrolyse: Es wird zunächst Sonnen- oder Windenergie in Strom umgewandelt und mit dessen Hilfe Wasserstoff gewonnen. Das Verfahren sei technisch ausgereift, teilt das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Württemberg mit. Wichtigste Stellschraube für die Wissenschaft sei die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Die Forscher in Jülich gehen davon aus, dass sie das mit ihrem Verfahren erreichen werden.

Der Sonnensimulator selbst ist ein Energiefresser: In vier Stunden Betrieb verbraucht die Anlage so viel Strom wie ein vierköpfiger Haushalt im Jahr. Ein relativer Wert, so Wieghardt. Denn ein Ziel sei es, mit »Synlight« die Effizienz von Solarkraftwerken zu verbessern. Wenn dadurch nur ein Solarkraftwerk ein Prozent effektiver werde, würde sich der Energieaufwand nach Einschätzung der Forscher schon bezahlt machen. dpa/nd

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