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Betriebliche Witwenrente nicht nur für jetzige Ehefrau

Urteile im Überblick

  • Lesedauer: 4 Min.

So urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 21. Februar 2017 (Az. 3 AZR 297/15). Bei dieser Entscheidung wurde jedoch betont: Dies gelte aber nur für alle ab dem 1. Januar 2002 erteilten Versorgungszusagen, so die Richter, die damit die Klage eines Rentners abwiesen.

Dieser hatte mit seinem früheren Arbeitgeber vereinbart, dass im Fall seines Todes seine »jetzige Ehefrau« eine lebenslange betriebliche Witwenrente erhält. Als das Unternehmen pleite ging, war der Pensions-Sicherungs-Verein für die betriebliche Altersversorgung zuständig.

2004 ließ sich der Kläger von seiner Ehefrau scheiden und heiratete gut 15 Monate später eine 24 Jahre jüngere Frau. Diese sollte nun den betrieblichen Witwenrentenanspruch geltend machen können.

Der Pensions-Sicherungs-Verein lehnte dies ab. Anspruch auf die Witwenrente habe zum Zeitpunkt der betrieblichen Vereinbarung die »jetzige Ehefrau«, also die mittlerweile geschiedene Frau des Klägers.

Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass die Einschränkung einer Versorgungszusage auf die »jetzige Ehefrau« grundsätzlich unangemessen und unwirksam sei, weil dafür keine berechtigten Gründe bestünden. Dies gelte jedoch nur für Versorgungszusagen ab 2002.

Hier sei die Vereinbarung 1983 getroffen worden. Damals war es gesetzlich nicht vorgesehen, dass allgemeine Geschäftsbedingungen und damit entsprechende Versorgungszusagen gerichtlich kontrolliert werden können. Daher sei hier eine »ergänzende Vertragsauslegung« erforderlich, so das Gericht. Danach sei die Witwenrente nur zu gewähren, wenn die Ehe bereits während des Arbeitsverhältnisses bestanden hat. Da dies bei der zweiten Ehefrau nicht der Fall war, stünden ihr keine Ansprüche zu. epd/nd

Lehrerin mit Kopftuch erhält Entschädigung

Das Land Berlin muss einer muslimischen Lehramtsbewerberin, die Kopftuch trägt, eine Entschädigung in Höhe von 8680 Euro zahlen.

Das hat das Landesarbeitsgericht am 9. Februar 2017 in zweiter Instanz entschieden.

Die Bewerbung der jungen Frau als Grundschullehrerin war im Frühjahr 2015 vom Land Berlin mit Verweis auf ihre religiöse Kopfbedeckung abgelehnt worden. Dagegen hatte sie geklagt und war nun in zweiter Instanz erfolgreich.

Hintergrund des Rechtsstreits ist das Berliner Neutralitätsgesetz, dass sämtliche religiöse Symbole bei Lehrkräften an staatlichen Schulen verbietet. Die Lehramtsanwärterin sei wegen ihres islamischen Kopftuchs benachteiligt worden, urteilte nun das Landesarbeitsgericht. Weil von der jungen Frau jedoch »keine konkrete Gefährdung des Schulfriedens« ausgegangen sei, sei ihre Benachteiligung unzulässig gewesen. Die Richter verurteilten das Land Berlin zu einer Entschädigungszahlung von zwei Monatsgehältern oder 8680 Euro. Das Berliner Neutralitätsgesetz sei aber dennoch verfassungskonform, so das Gericht.

Das Arbeitsgericht hatte im April 2016 in erster Instanz entschieden, dass das Berliner Neutralitätsgesetz keine Benachteiligung der Klägerin darstelle, verfassungsgemäß sei und deshalb auch keine Entschädigung zu zahlen sei. Das Landesarbeitsgericht sah dies im Berufungsprozess anders.

Wie ein Gerichtssprecher erklärte, sei ein generelles Kopftuchverbot unzulässig. Entsprechende Gerichtsurteile hatte es zuvor auch in anderen Bundesländern gegeben. So hatte das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr 2015 am Beispiel zweier muslimischer Pädagoginnen aus Nordrhein-Westfalen ein pauschales Kopftuchverbot für unzulässig erklärt. Vielmehr müsse dafür eine konkrete Gefahr für Neutralität und Schulfrieden nachgewiesen werden, hieß es mit Blick auf damalige Regelungen in Nordrhein-Westfalen.

Das Berliner Neutralitätsgesetz beinhalte kein generelles Verbot von religiösen Zeichen im Schuldienst, sondern sehe in Paragraf 3 auch Ausnahmen vor, so das Gericht. Im vorliegenden Fall habe das Gericht keine Anhaltspunkte gesehen, dass durch die junge Lehrerin mit Kopftuch der Schulfrieden gestört werde. epd/nd

Höhere Bezüge für herausragende Beamte

Berliner Beamte mit herausragenden Leistungen können nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts mehr Geld bekommen. Eine Höherstufung dürfe nicht generell wegen mangelnder finanzieller Möglichkeiten abgelehnt werden.

Das befand das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 26. Januar 2017 (Az. VG 36 K 443.15).

Geklagt hatte der Leiter eines Gymnasiums mit der Besoldungsgruppe A 16. Seine Beurteilungen bescheinigten ihm laut Gericht nahezu durchgehend herausragende Leistungen. Nach dem Bundesbesoldungsgesetz (Überleitungsfassung für Berlin) kann für Beamte mit solchen Leistungen die nächst höhere Stufe innerhalb der Besoldungsgruppe als Grundgehalt vorweg festgesetzt werden. Die Bildungsverwaltung hatte einen entsprechenden Antrag des Schulleiters mit der Begründung fehlender Finanzmittel abgelehnt.

Das Gericht verpflichtete das Land nun, über den Antrag neu zu entscheiden. Die Ablehnung sei fehlerhaft gewesen. Zwar gebe es keinen Anspruch auf eine Höherstufung. Doch auch wenn es Unfrieden in Kollegien und Dienststellen geben könnte, dürfe die Behörde die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit einer leistungsbezogenen Besoldung nicht vollständig ins Leere laufen lassen. dpa/nd

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