Ein Gebäude mit Atmosphäre

Der Suhrkamp-Verlag baut seinen zukünftigen Sitz in der Mitte von Mitte

  • Roland Mischke
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist ein symbolischer Neustart: Der Traditionsverlag Suhrkamp will künftig hinter einer modernen Fassade residieren. Der Einzug in den geplanten Neubau ist laut Sprecherin Tanja Postpischil für 2019 geplant. Die 2014 vollzogene Umwandlung des Verlags in eine Aktiengesellschaft und das Ende der zähen Streitigkeiten mit dem 2015 verstorbenen Mitgesellschafter Hans Barlach erscheinen nun wie Voraussetzungen dieses Schrittes, der Suhrkamp endgültig zu einem Berliner Verlag werden lässt.

Angeregt von Hermann Hesse, wurde der Verlag 1950 von Peter Suhrkamp gegründet. Er siedelte sich in Frankfurt am Main an und stieg dort auf zum führenden Haus im deutschen Literaturbetrieb. Der britische Philosoph George Steiner prägte den Begriff der Suhrkamp-Kultur, ein Label, das dem Verlag nach wie vor anhängt. Suhrkamp prägte über Jahrzehnte die kulturelle Entwicklung der Bundesrepublik. Peter Weiss, Theodor W. Adorno, Hans Magnus Enzensberger, Peter Handke, Alexander Kluge, Max Frisch - alle Autoren mit Rang und Namen waren hier versammelt.

2010 wechselte Suhrkamp vom Main an die Spree, der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hatte den Verlag mit einem attraktiven Angebot gelockt. Aber es fand sich kein standesgemäßes Haus. Die Unterkunft im vormaligen Finanzamt in der Pappelallee ist nur ein Provisorium.

Nun lässt Suhrkamp sein neues Verlagsgebäude an der Torstraße errichten, in einer der letzten freien Baulücken. Dort hatte der Architekt Hans Poelzig Ende der zwanziger Jahre ein Areal im Stil der Neuen Sachlichkeit bebaut, von dem nicht viel übrig geblieben war nach dem Krieg. In unmittelbarer Nachbarschaft liegen die Volksbühne und das Kino Babylon. Auch das Soho-House, in dem Madonna, George Clooney und andere bei ihren Berlin-Besuchen regelmäßig absteigen, ist nicht weit entfernt. Der neue Suhrkamp-Standort ist die Mitte von Berlin-Mitte.

Vom »Labor Berlin« spricht die Ex-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz, die inzwischen in den Aufsichtsrat gewechselt ist. Ihre Position hatte der Vorstandsvorsitzende Jonathan Landgrebe übernommen. Mit dem von Landgrebe erwirkten Bauvorbescheid ist das Vorhaben nun nicht mehr zu stoppen. Es hatte Proteste von Anwohnern gegeben, die den Abriss eines Kiosks und das Fällen von Bäumen hinnehmen mussten, ohne vorher darüber informiert worden zu sein. Suhrkamp hat inzwischen angekündigt, den Platz vor seinem neuen Gebäude vom Verkehr der Torstraße abzuschirmen und mit Grünflächen und Bäumen zu einer Art Terrasse zu gestalten. Der Entwurf stammt von dem Architekten Roger Bundschuh, darauf sieht das Gebäude offen und licht aus.

Einen Immobilienhai müssen die Anwohner in Suhrkamp nicht fürchten. Dazu ist der Verlag nach den Kämpfen der vergangenen Jahre auch gar nicht solvent genug. Die derzeitigen Einnahmen durch die Bestseller von Elena Ferrante sind nützlich, bedeuten aber keine finanzielle Explosion. Suhrkamp muss sparen und seine umfangreiche Backlist pflegen, neue interessante Autoren gewinnen und weitere Bestseller lancieren. Das ist kein einfaches Geschäft.

Da hilft ein attraktiver Stammsitz auf dem dreieckigen Grundstück. Zwei sechsstöckige Gebäude sind in der Form eines L vorgesehen, die Fassade wird aus Beton, Metall und Glas bestehen, Offenheit ausstrahlend - es soll ein Gebäude mit Atmosphäre sein. Ein großes, voll verglastes Café soll auch für Lesungen und Diskussionen genutzt werden. Innen aber soll ruhig und weihevoll an Manuskripten gearbeitet werden, auf dass sie bewegende Bücher werden. Die Chancen stehen gut.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.