SPD hofft noch auf Teilzeitgesetz

Koalitionspartner sind grundsätzlich gesprächsbereit, aber die Zeit zur Einigung läuft ab

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Vorsitzende und Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, betont bei jeder Gelegenheit, dass er sich für die »hart arbeitenden Menschen« einsetzen will. Dass dieses Versprechen derzeit nicht leicht umzusetzen ist, erlebte Schulz in der vergangenen Woche beim Koalitionsgipfel mit der Union. Die Konservativen wiesen in der Runde alle sozialen Forderungen der SPD zurück. Dazu zählte auch die Reform des Teilzeitgesetzes.

Doch das heißt nicht, dass das Thema in dieser Legislaturperiode keine Chance mehr hat. Aus der Union sind Signale zu vernehmen, dass sie erneut zu Verhandlungen bereit sein könnte. Als Voraussetzung nannte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt nun, dass Arbeitsministerin Andrea Nahles »ein neues Angebot« machen müsse. Der Gesetzentwurf der SPD-Politikerin sieht bisher vor, dass Beschäftigte, die zeitlich begrenzt ihre Arbeitszeit verringern möchten, danach zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren können. Strittig zwischen den Koalitionspartnern ist die Betriebsgröße. Nahles fordert, dass die Regelung für Unternehmen ab 15 Beschäftigten gilt. Dagegen wollen die Konservativen die Grenze bei 200 Mitarbeitern festlegen. Bisher haben Beschäftigte in Unternehmen mit mindestens 15 Beschäftigten lediglich einen Anspruch darauf, für unbegrenzte Zeit von Voll- auf Teilzeit zu reduzieren.

Das Gesetz soll vor allem die Situation von Frauen verbessern. Sie stellen mehr als 90 Prozent der 4,2 Millionen Eltern, die in Teilzeit arbeiten. 15 Prozent von ihnen wollen mehr arbeiten, können aber nicht.

Dass Nahles der Union wegen ihrer Blockadehaltung einen »Bruch des Koalitionsvertrags« vorwarf, wird keine Auswirkungen haben. Wegen dieses Konflikts wird die Bundesregierung in ihren letzten Wochen bis zur parlamentarischen Sommerpause Anfang Juli nicht zerbrechen. Zudem ist der Punkt in der Koalitionsvereinbarung nicht eindeutig formuliert worden. Dort steht, dass die Regierung für »Arbeitnehmer, die sich z. B. wegen Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen zu einer zeitlich befristeten Teilzeitbeschäftigung entschieden haben, sicherstellen will, dass sie wieder zur früheren Arbeitszeit zurückkehren können«. Eine Präzisierung, ob es sich um »alle Beschäftigten« handeln soll oder ob Ausnahmen möglich sind, hätte hilfreich sein können.

Zudem muss sich Nahles fragen lassen, warum sie sich so lange Zeit gelassen hat. Die Koalitionsvereinbarung wurde Ende 2013 unterzeichnet. Im August 2016 antwortete das Arbeitsministerium auf eine kleine Anfrage der Grünen, dass »Vorarbeiten« an einem Referentenentwurf begonnen hätten. Diese zogen sich monatelang hin, bis Nahles im Januar den Text präsentierte, über den bis heute in der Koalition gestritten wird.

Vermutlich ist es kein Nachteil für die SPD, dass das Gesetz noch nicht verabschiedet worden ist. Denn nach Ansicht von Experten wird das Vorhaben keine allzu große Wirkung haben. Der DGB findet die Pläne von Nahles grundsätzlich unterstützenswert. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach hatte jedoch kürzlich in der »Frankfurter Rundschau« darauf hingewiesen, dass schon der Schwellenwert von 15 Beschäftigten zu viele Menschen ausschließe. 62 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen und 53 Prozent der teilzeitbeschäftigten Männer, die ihre Arbeitszeit ändern wollen, arbeiteten in kleinen und kleinsten Betrieben.

Sollte die Ministerin mit der Union einen Kompromiss schließen, müsste der Schwellenwert wohl weiter nach oben gehen. Entsprechend weniger Beschäftigte würden dann von der Regelung profitieren. Ob sich die SPD darauf einlässt, ist schwer vorhersehbar. Für die Union gibt es nämlich mehr zu gewinnen. Sie könnte sich im Falle einer Einigung einmal mehr als Schutzmacht von Unternehmern präsentieren, die wegen ihres Jammerns über »zu viel Bürokratie« geschont werden mussten. Zugleich hätten die Konservativen ein Thema abgeräumt, mit dem die SPD Wahlkampf machen könnte.

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