Bayern: Etappensieg für afghanische Flüchtlinge
Verwaltungsgericht München hält Arbeitsverbot für unzulässig / Behörden müssen aktuelle Sachlage berücksichtigen
München. Ein afghanischer Flüchtling will nicht hinnehmen, dass ihm die Ausländerbehörde die Erlaubnis für eine Ausbildung verweigert hat. Der 34-Jährige wollte eigentlich im Dezember eine Ausbildungsstelle als Schneider in Moosburg (Landkreis Freising) antreten. Das Landratsamt verweigerte ihm allerdings die Genehmigung dazu und reagierte damit auf eine Weisung des bayerischen Innenministeriums, keine Arbeitserlaubnisse für Flüchtlinge mit schlechter Bleibeperspektive auszustellen. Der Mann klagte und das Verwaltungsgericht München entschied am Donnerstag, dass die Behörde den Fall noch einmal prüfen und neu entscheiden muss.
Damit hat der Flüchtling erst einmal einen Etappensieg errungen. Nach Ansicht der Richter sei die Begründung des Bescheides aus dem Landratsamt hinfällig, erklärte ein Gerichtssprecher. Denn sie beruhe auf einer für Afghanistan inzwischen überholten Weisung des Innenministeriums. Das Landratsamt muss nun erneut über eine Ausbildungsgenehmigung entscheiden und dabei die aktuelle Sachlage zugrunde legen.
In Bayern dürfen nur Flüchtlinge mit einer sogenannten »guten Bleibeperspektive« eine Ausbildung anfangen, also Menschen, die aus Herkunftsländern mit einer Schutzquote von über 50 Prozent kommen. 2016 gehörten dazu die Herkunftsländer Eritrea, Irak, Iran, Syrien und Somalia. Bei Afghanen liegt die Schutzquote mittlerweile zwar über der Grenze von 50 Prozent (55,8 Prozent im Jahr 2016), da jedoch nur halbjährlich festgelegt wird, welche Herkunftsländer das Kriterium der »guten Bleibeperspektive« erfüllen, dürfen afghanische Flüchtlinge nach wie vor weder eine Ausbildung anfangen noch Integrationskurse besuchen. Flüchtlingsverbände kritisieren diese Regelung als integrationshemmend. Die Weisung des bayerischen Innenministeriums, keine Arbeitserlaubnis bei unsicherer Bleibeperspektive auszustellen, hatte zuletzt auch in der Wirtschaft für Unmut gesorgt. Der Bayerische Industrie- und Handelskammertag beschwerte sich im März, dass die Behörden die Ausbildung von Asylbewerbern erschweren - statt wie 2015 versprochen zu erleichtern.
Ein Grund für die restriktive Haltung des bayerischen Innenministeriums dürfte die durch das Integrationsgesetz eingeführte gesetzliche 3+2 Regelung für Auszubildende sein, die besagt, dass während der Ausbildung Anspruch auf Duldung besteht sowie im Anschluss bei Beschäftigung im Ausbildungsfach eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre erteilt werden muss. Was als Erleichterung für Betriebe gedacht war, führte in Bayern dazu, dass Ausbildungserlaubnisse für diejenigen, die noch nicht anerkannt sind und nicht zu den Ländern mit einer »guten Bleibeperspektive« gehören, sehr restriktiv vergeben werden und für abgelehnte Asylsuchende mit Duldung überhaupt nicht.
Ein Unterstützer des Flüchtlings und seine Anwältin werten das Urteil als »großen Erfolg«. Der Bayerische Flüchtlingsrat sehe darin ein positives Zeichen, sagte eine Sprecherin. Denn der 34-Jährige sei nicht der einzige afghanische Flüchtling in Bayern, der derzeit gegen ein Arbeits- oder Ausbildungsverbot klage. Auch die Grünen im Landtag begrüßten das Urteil. »Wir hoffen, dass Landratsämter und das CSU-Innenministerium zukünftig nicht mehr rechtswidrig die Genehmigungen für Ausbildungs- und Arbeitsverträge versagen«, sagte die asylpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Christine Kamm. »Jetzt muss auch über diesen konkreten Fall hinaus generell Schluss gemacht werden mit den zahlreichen Schikanen.« Es sei »unverständlich und bizarr«, dass jemand klagen müsse, um arbeiten zu dürfen. dpa/mfr
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