Fast die Hälfte der Auslandstürken nahm am Referendum teil

Mehr als 600.000 Wahlberechtigte stimmten in Deutschland über das Präsidialsystem ab / Beteiligung liegt bei 42 Prozent

  • Lesedauer: 3 Min.

Istanbul. Mehr als 600.000 Türken in Deutschland haben sich an dem Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei beteiligt. Insgesamt hätten 1,24 Millionen Auslandstürken an der heftig umkämpften Volksabstimmung teilgenommen, teilte die türkische Wahlkommission YSK am Montag laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu mit. Damit liegt die Wahlbeteiligung der Türken im Ausland bei mehr als 42 Prozent.

Insgesamt hatten rund 2,9 Millionen türkische Staatsbürger im Ausland bis Sonntag die Möglichkeit, über die umstrittene Änderung der Verfassung zur Einführung eines Präsidialsystems abzustimmen. In 59 Ländern weltweit standen ihnen dazu 120 Wahllokale zur Verfügung, zudem können sie auch weiterhin an den Grenzübergängen zur Türkei ihre Stimme abgeben. Briefwahl ist in der Türkei nicht möglich.

In Deutschland waren mehr als 1,4 Millionen Türken zur Wahl aufgerufen. Vom 27. März bis zum 9. April konnten sie landesweit ihre Stimme in 13 Wahllokalen abgeben, die in den türkischen Konsulaten sowie in weiteren Großstädten eingerichtet worden waren. Die versiegelten Wahlurnen werden nun zur Auszählung nach Ankara geflogen. In der Türkei wählen die Bürger erst am Sonntag.

Laut Anadolu beteiligten sich in Deutschland bis Sonntag mehr als 609.000 Bürger. Bei insgesamt mehr als 1,4 Millionen Wahlberechtigten ist dies eine Wahlbeteiligung von mehr als 43 Prozent. Bei der letzten Parlamentswahl im November 2015 lag die Beteiligung in Deutschland bei rund 41 Prozent. Die Auslandstürken hatten erstmals bei der Präsidentenwahl im August 2014 abstimmen dürfen.

Vor der Abstimmung war es in Deutschland, den Niederlanden und Österreich zu einem heftigen Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Minister gekommen. Nach der Absage mehrerer Auftritte warf Präsident Recep Tayyip Erdogan Deutschland und den Niederlanden »Nazi-Methoden« vor, was auf scharfe Kritik stieß. Es wurde damit gerechnet, dass der Streit zur Mobilisierung der Wähler beiträgt.

Bei der vergangenen Wahl schnitt die regierende, nationalkonservative AK-Partei bei den Türken in Deutschland mit knapp 60 Prozent der Stimmen besser ab als in der Türkei. Deutsch-Türken verweisen aber darauf, dass bei einer Wahlbeteiligung von gut 40 Prozent daraus nicht zwingend abgeleitet werden könne, dass eine Mehrheit der Türken in Deutschland tatsächlich die aktuelle Regierung von Erdogan unterstützt.

Der Vizechef der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Atila Karabörklü, äußerte im RBB-Inforadio die Erwartung, dass in Deutschland Befürworter und Gegner etwa gleichauf liegen - »vielleicht mit ein bisschen mehr für Ja.« In der Türkei geht er dagegen davon aus, dass eine Mehrheit die Verfassungsreform ablehnt. Die Umfragen seien nicht zuverlässig, weil viele Menschen ihre Meinung verschwiegen, »weil sie Angst haben und der Druck enorm ist«, sagt Karabörklü.

Bei dem Referendum, zu dem insgesamt 55,3 Millionen Türken stimmberechtigt sind, wird mit einem engen Rennen gerechnet. Beide Lager bemühten sich in den vergangenen Tagen, ihre Anhänger zu mobilisieren. Erdogan hielt am Wochenende Massenkundgebungen in Istanbul und Izmir ab. Die Nein-Kampagne, die von den Oppositionsparteien CHP und HDP angeführt wird, setzt eher auf kleinere Versammlungen. AFP/nd

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