Ohne Überflieger, aber mit Überfliegerin

Am Mittwoch beginnen die Europameisterschaften im Turnen ohne den Olympiasieger Fabian Hambüchen

  • Andreas Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Fabian Hambüchen zurückgetreten, Andreas Toba nach Eingriff am Meniskus im Krankenbett und Reckspezialist Andreas Bretschneider in der Rehabilitation: Für die deutschen Kunstturner sind die am Mittwoch beginnenden Europameisterschaften ein schwieriger Neustart - mit ungewissem Ausgang. »Wir müssen einen langen Weg gehen und eine neue Hierarchie entwickeln«, sagte Bundestrainer Andreas Hirsch vor dem Abflug nach Rumänien. Zwölf Jahre lang beherrschte Überflieger Hambüchen die Geräte und die Schlagzeilen, nun ist eine Sortierung unter anderen Vorzeichen unumgänglich.

Deutschlands langjähriger Vorturner wird die EM auch wegen der Nachwirkungen einer Schulteroperation nur aus der Ferne verfolgen können. Der 29-Jährige genießt diese Phase ohne große Verpflichtungen aber auch: »Ich kann zum ersten Mal im Leben frei entscheiden, was ich machen will.« Cheftrainer Hirsch hofft, dass das Karriereende von Hambüchen seine Schützlinge nicht lähmt, sondern beflügelt: »Ohne Fabian ergibt sich eine neue Konkurrenzsituation. Andere, die bisher nicht so im Vordergrund standen, können sich aufdrängen.«

Die Führungsrolle soll und muss Marcel Nguyen spielen. Der Mehrkampfzweite von Olympia 2012 in London hat Hirsch zugesagt, mittelfristig wieder zum Sechskampf zurückzukehren, aber auch sein Spezialgerät Barren weiterhin zu pflegen. »Ich ziehe das bis Tokio 2020 durch«, versprach der Unterhachinger, mittlerweile immerhin schon 29 Jahre alt.

Am Barren hat der zweimalige Europameister seine Übung für die europäischen Titelkämpfe noch einmal aufgestockt und peilt eine Medaille an. Die EM-Generalprobe gelang mit Platz zwei beim Weltcupturnier in Doha vortrefflich.

Anders als bei Hirsch sind bei Cheftrainerin Ulla Koch alle Olympiaturnerinnen dabei geblieben und finden sich nahezu komplett in der deutschen EM-Riege wieder, die im Sala Polivalenta in Cluj-Napoca Edelmetall anstrebt. Fehlen wird nur die Olympiadritte Sophie Scheder aus Chemnitz wegen einer Knieoperation.

Gespannt ist Koch darauf, ob die erst 17 Jahre alte Ludwigsburgerin Tabea Alt ihren überraschenden Weltcup-Gesamtsieg in Rumänien bestätigen kann. »Es wird bei der EM sehr starke Konkurrenz geben. Daher wird es nicht einfach, vorne mitzuturnen«, sagte Koch ein wenig skeptisch. Die aus drei Turnieren, darunter dem DTB-Pokal in Stuttgart, bestehende Weltcupserie war, wie in der nacholympischen Saison nicht unüblich, schwächer besetzt als in den Vorjahren.

Das EM-Aufgebot des Deutschen Turner-Bunds wird bei den Männern Marcel Nguyen, Lukas Dauser, Felix Remuta (alle Unterhaching), Philipp Herder (Berlin), Ivan Rittschik (Chemnitz) und Nils Dunkel (Erfurt) sein - und bei den Frauen Kim Bui, Elisabeth Seitz (beide Stuttgart), Pauline Schäfer (Chemnitz) und Tabea Alt (Ludwigsburg). SID/nd

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