Väterchen Frühjahrsfrost lässt den Balkan zittern
Regenfälle und heftige Sturmböen drohen in den nächsten Tagen
Statt auf sonnenüberfluteten Terrassen zu schwitzen, müssen die frostgeschockten Balkan-Bewohner vorläufig weiter in klammen Wohnstuben sitzen. »Packt Eure Winterjacken noch nicht weg«, warnte am Mittwoch das kroatische Online-Portal »index.hr« besorgt seine Leser. »Der Winter wird noch dauern.«
Tatsächlich lässt Väterchen Frühjahrsfrost vorläufig weiter den Balkan bibbern. Ob im bergreichen Bosnien und Herzegowina, ob in Kroatien, Montenegro, Rumänien oder in Serbien: Nicht nur die höchsten Gipfel, sondern auch viele Täler erstrahlen seit Ostermontag im ungewohnten Frühlingsweiß. Und wo der Schnee ausgeblieben ist, lassen tagelange Regen- und Eisregenfälle die Behörden vor Hochwasser durch über die Ufer tretende Flüsse bangen: In zahlreichen Regionen Bulgariens wurden unterdessen Rettungsmannschaften in Alarmbereitschaft versetzt.
Das erleichterte Aufatmen nach dem Ende eines ohnehin langen und strengen Winters erwies sich für viele der von hohen Heizkosten geplagten Familien in der Region als verfrüht. Nicht nur in Serbien mussten derweil bereits abgestellte Fernheiz-kraftwerke in den letzten Tagen wieder angeworfen werden
Völlig überrascht von den heftigen, allerdings von den heimischen Wetterfröschen durchaus angekündigten Schneefällen zeigten sich die Straßenverkehrswerke in Bosniens Hauptstadt Sarajevo. Während die Autofahrer in der bergigen Olympia-Metropole in der Nacht zum Mittwoch hilflos über verschneite und vereiste Straßen rutschten, blieben Schneepflüge und Salzstreufahrzeuge unerklärlich lange im Depot. Man habe wegen »der nötigen Prozeduren« nicht rechtzeitig ausrücken können, erklärte ein Sprecher der Stadtwerke die eigene Tatenlosigkeit mit den Tücken des bosnischen Staatslabyrinths: Man habe »keine Anweisung« der Kantonsverwaltung für den Schneeeinsatz erhalten.
Ihre oft bereits abmontierten Winterreifen haben auch viele kroatische Kraftfahrer entnervt wieder auf die Felgen ihrer Vehikel aufgezogen. Zu schaffen macht das späte Winter-Comeback jedoch nicht nur den Pendlern und Spediteuren, sondern auch Obstbauern und Gärtnerbetrieben. Viele Bäume haben bereits zu blühen begonnen. Die Parkverwaltung in Sarajevo rief Anwohner gar dazu auf, die eisige Schneelast von den Ästen frisch gepflanzter Bäume zu schütteln, um deren Abbrechen zu verhindern.
Die teilweise unter den Gefrierpunkt gesackten Temperaturen dürften in den nächsten Tagen zwar etwas nach oben klettern. Dafür sind aber neue Regenfälle und vor allem an den Küsten der kroatischen Adria und in den rumänischen Karpaten heftige Sturmböen vorhergesagt. Erst Anfang der nächsten Woche wird der jäh unterbrochene Balkan-Frühling mit sonnigeren Tagen und wärmeren Temperaturen einen neuen Anlauf nehmen.
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