Ärger mit den Überschüssen

Globalisierungsbefürworter sind bei der IWF-Weltbank-Frühjahrstagung in Erklärungsnöten

Einer ist im Vorfeld der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank allgegenwärtig, selbst wenn sein Name nicht genannt und er dort auch nicht auftreten wird: US-Präsident Donald Trump. So köchelt die Debatte über Globalisierung und Handelsüberschüsse/-defizite weiter.

Anders als bei den Jahrestagungen der Washingtoner Finanzinstitutionen, die immer im Herbst stattfinden, gibt es im Frühjahr kein Treffen des IWF-Gouverneursrates, der die wichtigen Entscheidungen trifft. Es geht eher um Meinungsaustausch. Das Treffen ist daher von einem umfangreichen Rahmenprogramm mit Diskussionsrunden zu Themen rund um die Bereiche Weltwirtschaft, internationale Entwicklung und Finanzmärkte begleitet. Die eigentliche Tagung ist die Sitzung des Entwicklungskomitees von IWF und Weltbank, dem 25 Finanz- und Entwicklungsminister von Mitgliedstaaten angehören.

Dabei geht es unter anderem um die dramatische Lage in Südsudan, Jemen sowie Teilen von Kenia und Nigeria, wo eine schwere Dürre die Ernten vernichtet hat. Längst im Gange ist hier eine Hungerkatastrophe, die internationale Reaktionen dringend erforderlich macht. Es geht aber auch um den Stand bei den Millenniumszielen zur Armutsbekämpfung und die Vorbereitung auf die weiter gefassten Nachhaltigen Entwicklungsziele bis 2030. Globale Zusammenarbeit hat hier, so die Botschaft, für Fortschritte gesorgt - ähnlich wie beim Klimaschutz mit dem Abkommen von Paris. Die neue konservative US-Regierung unter Präsident Donald Trump könnte den Rückwärtsgang einlegen; Klimaschutz und Entwicklungshilfe gehören bekanntlich zu den ersten Streichposten. Besonders für arme Länder ist dies eine schlechte Nachricht.

Angst vor Protektionismus und Abschottungstendenzen überschattet deshalb die Tagung von IWF und Weltbank. Allerdings haben deren Verantwortliche selbst das Problem, Globalisierung eher gebremst zu haben. So fordern Schwellen- und Entwicklungsländer seit vielen Jahren mehr Einfluss auf die Entscheidungen von IWF und Weltbank, doch die bisherigen Stimmrechtsreformen haben an der Dominanz der Industrieländer wenig geändert. Und dann leugnet auf internationaler Bühne eigentlich niemand mehr, dass das Freihandels- und Deregulierungsdoma viele schädliche Wirkungen hatte, so dass Trumps Rhetorik einen gewissen realen Hintergrund aufweist. IWF-Chefin Christine Lagarde räumte jetzt erneut ein, dass die Ungleichheit in vielen Ländern trotz des über einen langen Zeitraum anhaltenden Welthandelsbooms zugenommen hat. Lagarde sprach sich anlässlich der Tagung für eine »elastischere und inklusivere globale Wirtschaft« aus.

Dennoch bleibt die Botschaft klar: »Wir glauben, dass der Welthandel eine wichtige Antriebsfeder für Wachstum ist. Er hat Millionen aus der Armut geholt«, meint IWF-Chefvolkswirt Maurice Obstfeld. Abschottung hätte eine »selbst zugefügte Wunde« zum Ergebnis. »Ein besserer Ansatz, als den Handel abzuwürgen oder ihn deutlich zu reglementieren, ist es, mit ihm zu arbeiten.« Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass diejenigen, die bisher nicht profitierten, nicht außen vor blieben.

Und derzeit zieht der Welthandel wieder an. Nach einem Plus von nur noch 2,2 Prozent im vergangenen Jahr soll das Handelsvolumen laut IWF-Prognose 2017 immerhin wieder um 3,8 Prozent zunehmen. Aus Ökonomensicht ist dies aber zu wenig, um ein weltweites Wirtschaftswachstum zu kreieren, das mit dem Bevölkerungswachstum mithält.

Zu den Schattenseiten der Globalisierung, die längst diskutiert werden, gehören auch die gewachsenen Ungleichgewichte zwischen Überschuss- und Defizitländern. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble brachte deshalb laut Medienberichten zum Treffen mit seinen Amtskollegen aus den anderen G20-Staaten, die immer am Rande der IWF-Weltbank-Tagungen beraten, ein Argumentationspapier mit, das Experten aus seinem Haus und dem Wirtschaftsministerium erarbeitet haben. Aus deutscher Sicht geht es demnach nur um die Exportüberschüsse und die ließen sich durch politische Maßnahmen kaum beeinflussen. Die Gründe seien nämlich »die hohe Wettbewerbsfähigkeit deutscher Anbieter auf den Weltmärkten« sowie »die qualitativ hochwertige, industriell geprägte und komplexe Güterstruktur«.

Diese Argumentation ändert aber nichts an der Kritik vieler G20-Länder und der Forderung, Deutschland müsse seine Überschüsse nutzen, um in die Infrastruktur zu investieren und somit das Wachstum in der Eurozone zu beflügeln. Vergleichsweise niedrige Löhne machten deutsche Produkte günstig und kurbelten damit Exporte an. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erklärte in einer Studie deshalb: Eine Kombination aus Lohnerhöhungen und einer »unterstützenden Finanzpolitik« wäre durchaus »wirkungsvoll«.

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