Ministerium marschierte blind in das Hahn-Desaster
Rheinland-Pfalz: Rechnungshof wirft Mainzer Landesregierung schwere Versäumnisse beim gescheiterten Verkauf des Hunsrück-Airports vor
Mainz. Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz wirft dem SPD-geführten Innenministerium schwere Versäumnisse beim später gescheiterten Verkauf des staatlichen Flughafens Hahn 2016 vor. Das Ministerium habe das chinesische Unternehmen SYT nicht in eigener Verantwortung geprüft und sich nur auf die Beratungsgesellschaft verlassen, heißt es in einem Gutachten für die Landtagsfraktionen, das am Montag veröffentlicht wurde. »Bereits bei einer Plausibilitätsprüfung hätten ihm die Mängel (...) auffallen müssen.« Die Gesellschaft habe keine Erfahrungen mit dem Betreiben von Flughäfen gehabt, ein äußerst geringes Stammkapital von 14 000 Euro eingezahlt und die Gesellschafter hätten mehrfach gewechselt.
»Das Innenministerium unterließ es, sich vor wesentlichen Entscheidungen im Verkaufsprozess ein eigenes Bild der Professionalität, Seriosität und Bonität der Bieter zu verschaffen«, kritisieren die Prüfer in dem 97-seitigen Bericht. Der Versuch des Flughafen-Verkaufs an das kleine, weithin unbekannte Unternehmen Shanghai Yiqian Trading (SYT) war im Sommer 2016 wegen mutmaßlichen Betrugs gescheitert.
Das Gutachten könnte entscheidend für die Frage sein, ob es einen Untersuchungsausschuss geben wird. Die CDU-Opposition wirft der SPD-geführten Regierung Missmanagement vor. »Die Landesregierung inklusive der Ministerpräsidentin (Malu Dreyer) hat aus unserer Sicht ihre Sorgfaltspflicht im gescheiterten Hahn-Verkaufsverfahren verletzt«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Martin Brandl der dpa. Sie habe Parlament und Öffentlichkeit lange über den Stand des Verkaufs im Unklaren gelassen. »Der Landesrechnungshof hatte bereits im Jahr 2010 im Zusammenhang mit dem Nürburgring sehr klare Kriterien dafür aufgestellt, was das Land bei der Auswahl seiner Geschäftspartner beachten sollte«, betonte Brandl. Er hoffe auf eine Klarstellung, inwieweit die Regierung die Kriterien missachtet habe und wer verantwortlich sei.
In seinem Gutachten von 2014 zur Prüfung des »Zukunftskonzepts Nürburgring« empfahl der Rechnungshof der Landesregierung, »bei der Auswahl von Mitgesellschaftern von Beteiligungsunternehmen und von Geschäftspartnern die gebotene Sorgfalt walten zu lassen«. Die Privatfinanzierung des überdimensionierten Ausbaus des früher staatlichen Nürburgrings war 2009 gescheitert. Bis zu eine halbe Milliarde Steuergeld gilt als verloren. Die CDU-Opposition hatte 2016 nach dem gescheiterten Airport-Verkauf Parallelen zum Nürburgring gezogen, die Dreyer (SPD) jedoch zurückwies. Die Ministerpräsidentin überstand 2016 einen Misstrauensantrag der CDU zum Hahn-Geschäft.
Im März 2017 verkaufte Rheinland-Pfalz seinen Löwenanteil von 82,5 Prozent am Flughafen Hahn an die HNA Airport Group GmbH, die zum chinesischen Luftfahrtkonzern HNA gehört. Der rheinland-pfälzische Landtag wird darüber am Mittwoch entscheiden. dpa/nd
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