Versicherte müssen mit steigenden Zusatzbeiträgen rechnen
Spitzenverband der Krankenkassen: Zusatzkosten wegen Umsetzung des Koalitionsvertrags / Reserven der Kassen bei rund 16 Milliarden Euro
Mainz. Die gesetzlich Krankenversicherten müssen im kommenden Jahr nach Einschätzung des Verwaltungsratschefs des Spitzenverbands der Krankenkassen, Uwe Klemens, einen höheren Zusatzbeitrag zahlen. »Ich gehe von einem Zusatzbeitrag von 1,8 bis zwei Prozent in den nächsten drei Jahren aus«, sagte Klemens der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. »Es gibt dafür ganz einfache Gründe. Wir haben ungefähr vier bis fünf Milliarden Euro Zusatzkosten pro Jahr, die durch die Umsetzung des Koalitionsvertrages jetzt schon zum Tragen kommen.«
Als Beispiele nannte Klemens die Gesetze zur Pflegestärkung, Veränderungen in der Arzneimittelversorgung und wegen des Krankenhausstrukturgesetzes. »Das wird den Druck auf den Zusatzbeitrag stark erhöhen«, betonte er.
Der allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent, der gesetzlich fixiert ist, wird je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen. Dazu kommt der Zusatzbeitragssatz, den allein die 55 Millionen Kassenmitglieder zahlen. Er soll im Bundestagswahljahr nach einer Schätzung von Oktober 2016 im Schnitt bei 1,1 Prozent stabil bleiben. Einige Kassen - meist kleinere - haben ihn allerdings erhöht.
Die gesetzlichen Krankenkassen hatten im vergangenen Jahr ein Finanzplus von rund 1,4 Milliarden Euro eingefahren. Nach Angaben von Ende Februar stieg das Geldpolster der Kassen damit auf 15,9 Milliarden Euro. Damals hieß es, mit diesem Finanzplus sinke die Wahrscheinlichkeit, dass die Zusatzbeiträge der Kassen im kommenden Jahr auf breiter Front steigen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte den Kassen im Wahljahr zusätzliche 1,5 Milliarden Euro aus der Reserve des Gesundheitsfonds zukommen lassen.
Der GKV-Verwaltungsratschef hält zudem mehr Anstrengungen für notwendig, um den Hausärztemangel vor allem in ländlichen Gebieten zu lindern. »Aus Kassensicht müssen wir vor allem weiter daran arbeiten, dass der stationäre und ambulante Bereich nicht mehr so strikt voneinander abgegrenzt werden«, sagte Klemens mit Blick auf die Schaffung medizinischer Zentren. »Bei einem immer höheren Frauenanteil im Medizinstudium spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine immer wichtigere Rolle.« Auch für junge Männer, die Medizin studierten, sei die Familienplanung mit 30 nicht vorbei.
»Ich glaube außerdem, dass wir uns auch ein Stück von dem Bild des Landarztes verabschieden müssen, der rund um die Uhr da ist.« Er betonte aber: »Wir haben insgesamt in Deutschland keinen Mangel an ärztlicher Versorgung. Es gibt eine stetig wachsende Anzahl an niedergelassenen Fachärzten.« dpa/nd
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