Viehdiebstähle hörten auf
Verhältnisse wie im Wilden Westen, aber im Osten Brandenburgs. Die Gegend an der Grenze zu Polen litt auf einmal unter Viehdiebstählen der besonderen Art. Im großen Stil sind Rinder aus dem Stall oder von der Weide entführt worden. Offenbar waren bandenmäßig organisierte Täter am Werk. Bis Mitte März wurden in Brandenburg 310 Rinder geklaut, im gesamten Vorjahr waren es nur 180 Rinder gewesen. Und anders als in früheren Jahren spielte der Diebstahl von Schweinen, Schafen und Ziegen merkwürdigerweise 2017 bislang keine Rolle.
»In letzter Zeit stellen wir keine weiteren Angriffe auf Viehbestände mehr fest«, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Erklärung von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). »Es ist unklar, warum.« Es sei möglich, dass dies mit der großen Öffentlichkeitswirkung des Themas und mit der Bildung der Sonderkommission »Koppel« Anfang März zusammen hänge. Aber es gebe keine Gewähr, dass die Täter nicht wieder zuschlagen. »Gelöst ist das Problem sicher nicht«, schätzt Schröter ein. Deshalb traf er sich bereits am Mittwoch mit Landesbauernpräsident Hendrik Wendorff und vereinbarte eine enge Zusammenarbeit.
Wendorff begrüßte die Einrichtung der Soko und forderte, den Einsatz nicht abzublasen. Er unterstrich, dass sich der Schaden für die Agrarbetriebe nicht auf den Wert der Tiere beschränke. Hinzu kämen Produktionsausfälle und möglicherweise Vertragsstrafen, wenn Fleisch oder Milch nicht an die Abnehmer geliefert werden können, zudem noch steigende Versicherungsprämien. Der tatsächliche Schaden könne kaum genau beziffert werden, sei aber »ganz erheblich«, versicherte Wendorff.
»Es kommt darauf an, das Entdeckungsrisiko für die Täter zu erhöhen«, erläuterte Minister Schröter. »Die dünn besiedelten, landwirtschaftlich geprägten Regionen bieten solchen Tätern in der Nacht besonders günstige Gelegenheiten für ihre Raubzüge. Wir brauchen die Zusammenarbeit von Landespolizei, Bundespolizei, Landwirten, Sicherheitspartnern, Ordnungsbehörden und allen anderen, die Augen und Ohren offenhalten - zum Beispiel auch die Jäger. Wir müssen die Wachsamkeit vor Ort erhöhen, um den Tätern einen Strich durch die Rechnung zu machen.« Bei schneller Entdeckung der Diebstähle bestehen gute Möglichkeiten, die Täter zu stellen, erinnerte Schröter. So sei es im Mai 2016 gelungen, eine Sattelzugmaschine voll mit gestohlenen Rindern auf dem Rastplatz Michendorf sicherzustellen.
Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke bot den Bauern spezielle Schulungen des Landeskriminalamtes an, um Cyberangriffe abzuwehren. Es sei auffällig, dass oft besonders hochwertige Tiere oder Zuchtbullen offenbar gezielt gestohlen werden. Dies lege zumindest den Verdacht nahe, dass Täter sich zuvor Zugriff auf die IT-Systeme der Agrarbetriebe verschafften und so über die Beute genauestens im Bilde waren.
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