»Irgendwann musst du mal was gewinnen«

Trainer Felix Koslowski holt mit Schwerins Volleyballerinnen seinen ersten Titel. Das nächste Ziel ist die WM 2018

  • Lesedauer: 4 Min.

Glückwunsch! Die Meisterfeier war sicherlich ausgelassen.
Ja, danke. Wir waren bis nach drei Uhr unterwegs. Ich konnte nur drei Stunden schlafen. Am nächsten Morgen standen die ersten Interviews an. Dazu kamen der Ministerpräsident und der Bürgermeister. Aber das nimmt man als Meister gerne mit.

Ihre erst 19-jährige Mittelblockerin Marie Schölzel schreibt in dieser Woche Abiklausuren. Die durfte nicht so lange mitfeiern, oder?
Doch sie hatte am Dienstag eine Klausur ... (er fragt Schölzel neben ihm: Marie, wann schreibst Du wieder Klausur? Am Freitagmorgen?) ... Nein, die Feier am Mittwoch war kein Problem, die nächste Klausur ist ja erst am Freitag (lacht).

Drei Jahre lang hatte Rekordmeister Schwerin den Titel immer verpasst. Wie hoch war der Druck, ihn jetzt endlich wieder zu gewinnen?
Die Erwartungshaltung ist mit dieser Historie immer sehr hoch. Wer hier Trainer wird, weiß, dass er irgendwann liefern muss. Dementsprechend war das schon eine Erlösung.

Haben Sie sich persönlich noch mehr unter Druck gefühlt? Immerhin sind Sie mit 33 schon Bundestrainer, hatten bis jetzt als Chefcoach aber noch nie einen Titel gewinnen können.
Klar, jeder Trainer, der es auf dieses Niveau schafft, träumt von Titeln. Im Leistungssport wird auch danach abgerechnet. Egal, wie gut die Arbeit und der Ruf sind, irgendwann musst du auch mal was gewinnen.

2016 scheiterte Ihre Mannschaft im Halbfinale noch an den Stuttgarterinnen, die den SCC auch im Pokalfinale im Januar besiegten. Wie erklärt sich nun Ihr klarer Erfolg?
So klar hatten wir den nicht erwartet. Wir haben uns aber in allen Bereichen verbessert, auch im mentalen. Schon im Pokal hatten wir bis zum 2:0 alles richtig gemacht, das Spiel dann aber noch aus der Hand gegeben. Das haben wir sofort ausgewertet. Wir wollten die Niederlage nicht als Negativerlebnis durch die Saison schleppen und haben sie stattdessen als Motivation genutzt. Ja, wir hatten eine Medaille, aber wir wollten eine andere Farbe.

Die Arena war voll, die Stimmung ausgelassen. Ist das immer so?
Ja fast, in die Halle passen 2000 Leute rein, und wir sind immer nah dran, ausverkauft zu sein. Im Schnitt haben wir 1800 Zuschauer in der Arena.

Profitiert der Klub davon, dass es in Schwerin keinen hochklassigen Fußballverein gibt?
Ja, in Mecklenburg-Vorpommern gibt es eigentlich nur Hansa Rostock und uns. Dementsprechend haben wir eine hohe mediale Aufmerksamkeit, die uns auch bei der Sponsorensuche hilft.

Aus dem 18er Nationalkader, den sie vor wenigen Tagen nominierten, kommen allein sechs aus Schwerin. Gibt es mal Zoff mit der Konkurrenz in der Liga, weil der Bundestrainer die besten Spielerinnen bei seinem Klub konzentriert?
Wir schreiben uns in Schwerin schon seit Jahren auf die Fahnen, so viele deutsche Spielerinnen wie möglich bei uns zu haben, um sie weiterzuentwickeln. Mittlerweile gehören sie zu den Besten der Liga. In unserer ersten Sieben standen am Mittwoch sechs deutsche Spielerinnen.

Funktioniert Ihre Doppelfunktion nur, weil Sie so viele Nationalspielerinnen bei sich haben? Sonst wäre die Beobachtung der Kaderathletinnen doch kaum möglich.
Das könnte auch so funktionieren, weil derzeit recht wenige Nationalspielerinnen im Ausland aktiv sind. Die aus der Bundesliga sehe ich jeden Tag. Ich bereite meine Mannschaft per Videoanalyse vor und sehe jeden Tag Material der anderen Vereine. Mein Scout dafür, Olaf Garbe, ist auch der Scout der Nationalmannschaft. Der bereitet jedes Wochenende alle Spiele der Bundesliga auf. Ich denke, dass niemand über die deutschen Spielerinnen besser informiert ist als ich.

Warum spielen so wenige Deutsche im Ausland?
Die Ausländerregeln werden dort immer schärfer, daher wird es schwieriger für sie, dort Fuß zu fassen. Wir haben derzeit auch keine Spielerin auf dem absoluten Topniveau in Europa. Wir sind im Umbruch und bauen neue Talente auf. Die werden sicher in Zukunft den Sprung zu internationalen Spitzenvereinen schaffen. Aus Schwerin sind da Louisa Lippmann und Jennifer Geerties zu nennen.

In Portugal steht Ende Mai die WM-Qualifikation an. Wie sind die Aussichten dafür?
Es ist eine Sechsergruppe. Da ist die Prognose sehr schwer, da nur der Turniersieger direkt zur WM fährt. Aber wir sind nicht chancenlos.

Wann beginnt der Lehrgang dafür, und werden gleich alle Schwerinnerinnen dabei sein? Die kennen Sie doch schon.
Am 8. Mai geht’s los. Und die Spielerinnen, die im Finale dabei waren, dürfen sich noch ein, zwei Tage länger ausruhen.

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