Merkel will harte Brexit-Verhandlungen
Bundeskanzlerin warnt Briten vor Illusionen / EU-Minister einigen sich vor Sondergipfel auf Leitlinien
Liebe Briten, macht euch keine Illusionen, der Brexit wird euch einiges abverlangen! Das war sinngemäß die zentrale Botschaft, die Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag im Bundestag in Richtung britische Inseln aussandte. Vor dem EU-Sondergipfel zum Brexit am Sonnabend, auf dem die Leitlinien für die Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens beschlossen werden sollen, fand sie in ihrer Regierungserklärung deutliche Worte. »Ein Drittstaat, und das wird Großbritannien künftig sein, kann nicht über die gleichen oder gar noch bessere Rechte verfügen wie ein Mitglied der EU.« Darüber herrsche in der verbleibenden EU große Einigkeit.
Weiter sagte Merkel: »Ich habe das Gefühl, dass sich darüber einige in Großbritannien noch Illusionen machen.« Aus ihrer Sicht gehe es in den Verhandlungen vor allem um drei Dinge. Erstens darum, »die Interessen unserer, der deutschen Bürgerinnen und Bürger, zu wahren«. Dabei gehe es um die etwa 100 000 Deutschen, die in Großbritannien leben und sich jetzt Sorgen um ihren künftigen Status machten. Die Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, »so schnell wie möglich Planungssicherheit zu erzielen« und negative Auswirkungen zu begrenzen.
Zweitens gelte es, »Schaden von der EU insgesamt abzuwenden, den ein nicht geglückter Übergang Großbritanniens zu seinem zukünftigen Status als Drittstaat mit sich bringen könnte«, so Merkel. Sie zeigte sich optimistisch, dass dies gelingen werde. Und drittens gelte es, den Zusammenhalt der EU der 27 zu stärken. Merkel beschwor die Fortführung einer Erfolgsgeschichte: »Die EU wird auch nach dem Brexit eine einzigartige Wertegemeinschaft und einer der stärksten Wirtschaftsräume der Welt sein.« Großbritannien müsse damit rechnen, dass der Austritt auch negative Folgen haben werde. Von Beginn an müsse über Londons finanzielle Verpflichtungen gesprochen werden.
In der Aussprache zur Erklärung Merkels kritisierte LINKEN-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht: »Wer glaubt, auf Einschüchterung angewiesen zu sein, um den europäischen Zusammenhalt zu sichern, der hat Europa längst aufgegeben.« Die Fraktionsvorsitzende befürchtete zudem, dass der Wirtschaft ein Bärendienst erwiesen werde, weil Großbritannien immerhin ein großer Markt sei. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte Merkel auf, bei den Brexit-Verhandlungen weniger auf deutsche Konzerninteressen als auf die Anliegen der gesamten EU zu achten.
Bei einem EU-Ministertreffen in Luxemburg stellten sich die 27 verbleibenden EU-Länder am Donnerstag derweil geschlossen hinter Leitlinien für die Brexit-Gespräche, wie der maltesische Ratsvorsitzende Louis Grech mitteilte. Er sprach von »einem beispiellosen Signal des Vertrauens, der Einigkeit und des Konsenses der 27«. Mit Agenturen
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