Rechnungshof rügt Ministerin
Kosten und Zeitplan für Endlager unhaltbar
Beim Bau des Atommüllendlagers Schacht Konrad in Salzgitter hat die Bundesregierung ihre Fachaufsicht vernachlässigt und Konflikte zwischen beteiligten Behörden und Firmen nicht gelöst. Das hat der Bundesrechnungshof jetzt bemängelt. Das Umweltministerium habe nach eigener Aussage lediglich eine »Aufsicht auf Abstand« ausgeübt. Dies sei bei diesem »politisch und finanziell so bedeutsamen Projekt nicht nachvollziehbar«, rügt die Kontrollbehörde. So habe das Ministerium »nicht alle Möglichkeiten genutzt«, zur zügigen und wirtschaftlichen Errichtung des Endlagers beizutragen.
Tatsächlich sind die Zeit- und Finanzplanungen für die Umrüstung des ehemaligen Eisenerzbergwerks in Niedersachsen zum Bundesendlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle völlig aus dem Ruder gelaufen. Nach aktuellen Schätzungen soll Konrad neun Jahre später fertig und 1,6 Milliarden Euro teurer werden als geplant. Als Termin für die Fertigstellung gilt derzeit 2022, die Kosten werden mit rund 3,4 Milliarden Euro angegeben.
Schacht Konrad ist das einzige nach Atomrecht genehmigte Endlager in Deutschland. Die Grube soll nach erfolgtem Umbau bis zu 303 000 Kubikmeter Atommüll aufnehmen. Mehrere Kommunen, darunter die Stadt Salzgitter, sowie ein Landwirt hatten vergeblich gegen den Bau geklagt. Eine noch anhängige Verfassungsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
Bislang führte das dem Umweltministerium unterstehende Bundesamt für Strahlenschutz die Aufsicht über Konrad. Mit dem eigentlichen Bau war, quasi als Subunternehmer, die Deutsche Gesellschaft für den Bau und Betrieb von Endlagern (DBE) beauftragt, die zu großen Teilen im Besitz der AKW-Betreiber ist. »Weil das Bundesamt und die DBE den Vertrag unterschiedlich auslegten, waren sie sich nicht einig, welche Aufgaben die DBE wahrnehmen soll«, erklärte hierzu der Rechnungshof.
Die Gesellschaft war seit 2009 auch in einen Schmiergeldskandal verwickelt. Ein promovierter Bergbauexperte koordinierte als freier DBE-Mitarbeiter die Ausschreibungen und Auftragsvergaben für die Arbeiten unter Tage. Zunächst legte der Ingenieur Bewerbern nahe, sich bei den Angeboten abzusprechen. Dann sorgte er dafür, dass bestimmte Unternehmen den Zuschlag erhielten und kassierte Schmiergeld von insgesamt 630 000 Euro. Die Bezahlung erfolgte über fingierte Rechnungen.
Vor zwei Jahren wurde der Mann wegen Bestechlichkeit zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. »Es war einfach zu verlockend«, begründete er sein Verhalten in der Verhandlung. Das Bundeskartellamt ermittelte zudem gegen sechs beteiligte Firmen und verhängte gegen fünf von ihnen Bußgelder über insgesamt 17,4 Millionen Euro.
Seit Dienstag dieser Woche ist die neue Bundes-Gesellschaft für Endlagerung (BGE) für die Errichtung und den Betrieb von Schacht Konrad zuständig. Laut Rechnungshof ist aber auch damit nicht gewährleistet, »dass es mit dem Bau nun besser vorangeht, Konrad also zügig und wirtschaftlich errichtet wird«. Dazu müssten möglichst alle Wissensträger des Projekts in die neue Gesellschaft wechseln. Ferner sei eine »konsequente Bilanz« zu ziehen: »Der bisherige Sachstand der Planungen und Errichtungsarbeiten muss vollständig dokumentiert werden. Die Risiken für die Errichtung müssen solide ermittelt und eine belastbare Prognose erstellt werden, wann die Errichtung abgeschlossen sein wird und wie teuer sie wird.« Vor allem aber müsse das Bundesumweltministerium seine Gesamtverantwortung für das Projekt angemessen wahrnehmen.
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