Brasilianer begehren auf

Präsident Temers Sparpläne lösen Generalstreik und Gewaltausbrüche aus

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Rio de Janeiro. In vielen brasilianischen Städten fuhren am Freitag keine Busse und Bahnen. Banken, Schulen und ein Geschäfte blieben geschlossen. Zehntausende beteiligten sich an Protesten, die an einigen Orten in Auseinandersetzungen mit der Polizei mündeten, wie die Zeitung »O Globo« online berichtete. Am Rande einer Demonstration im Zentrum der Olympiastadt Rio de Janeiro gingen mindestens acht Stadtbusse in Flammen auf.

Gewerkschaften und soziale Bewegungen hatten zu dem Proteststreik aufgerufen. Er richtete sich gegen Reformen des Arbeitsrechts und des Rentensystems, die die Regierung unter Präsident Michel Temer dem Kongress vorgelegt hat. »Hände weg von unseren Rechten« und »Weg mit Temer« forderten die Demonstranten auf Transparenten und in Sprechchören.

Bereits am Vormittag errichteten Gewerkschafter auf vielen Verkehrsachsen im ganzen Land brennende Barrikaden. Auch der Flugverkehr wurde beeinträchtigt. In Großstädten wie Belo Horizonte, Porto Alegre und der Hauptstadt Brasilia kam der öffentliche Nahverkehr zum Erliegen. Ebenso in der Metropole São Paulo, wo es nach Demonstrationen zu Ausschreitungen kam. Schaufensterscheiben gingen zu Bruch und die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein.

Die Organisatoren sprachen von einem erfolgreichen Generalstreik. Laut Vagner Freitas, Präsident des Gewerkschaftsdachverbands CUT, hatten sich rund 40 Millionen Menschen an dem Streik beteiligt. »Es war der größte Streik in der Geschichte Brasiliens«, erklärte Freitas.

Präsident Temer kritisierte die Blockaden und Gewaltausbrüche in einer am selben Tag verbreiteten Erklärung. Zugleich verteidigte er seine Reformpolitik als einzigen Ausweg aus der schweren Wirtschaftskrise des Landes. Temer war erst Mitte vergangenen Jahres durch ein umstrittenes Amtsenthebungsverfahren gegen die damalige Präsidentin Dilma Rousseff an die Macht gekommen und hatte eine politische Kehrtwende eingeläutet. Die Beliebtheitswerte des konservativen Politikers, dessen Partei PMDB tief in einen großen Korruptionsskandal verwickelt ist, liegen bei rund zehn Prozent.

Die geplante Arbeitsrechtsreform sieht eine Verlängerung der Arbeitszeiten und weniger Einfluss für Gewerkschaften vor. Zudem können künftig neu ausgehandelte Tarifabschlüsse auch gesetzlich verankerte Rechte der Arbeitnehmer aushebeln. Die umstrittene Rentenreform sieht ein Mindestalter für Rentenbezug und eine deutlich Erhöhung der notwendigen Beitragsjahre vor. Eine Deckelung der Staatsausgaben für die nächsten 20 Jahre hat der Kongress bereits beschlossen. Kritiker befürchten empfindliche Einschränkungen bei Bildung und Gesundheit. epd/nd

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