London reagiert frostig
Kein Verständnis für Brexit-Fahrplan der EU
Brüssel. Vor den Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens stellen beide Seiten auf stur. Die britische Premierministerin Theresa May lehnt die zentralen Forderungen ab, die Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen am Wochenende auf einem Sondergipfel stellten. Die 27 bleibenden EU-Länder hatten sich bei dem Brüsseler Gipfel am Samstag binnen weniger Minuten und einstimmig auf Leitlinien für die Gespräche geeinigt, die im Juni beginnen. Man wolle mit einer Stimme sprechen, sagte Kanzlerin Merkel anschließend.
Die EU fordert, in einer ersten Phase zunächst nur die Bedingungen der Trennung zu klären. Dazu zählen für die EU vor allem die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und die finanziellen Verpflichtungen Londons gegenüber der EU, die auf bis zu 60 Milliarden Euro geschätzt werden. Erst wenn alle bleibenden 27 EU-Länder einstimmig ausreichende Fortschritte feststellen, soll das von May gewünschte Freihandelsabkommen auf die Tagesordnung kommen. Die Abfolge gäbe der EU einen Hebel, vor allem die finanziellen Forderungen durchzusetzen.
May lehnte Verhandlungen in zwei Phasen jedoch am Sonntag in der BBC erneut ab und bekräftige die Forderung, den EU-Austritt und das Handelsabkommen gleichzeitig zu klären. Zudem stellte sie nochmals klar, dass sie lieber kein Austrittsabkommen mit der EU schließe als ein schlechtes.Aus der EU-Kommission kommen deshalb Warnungen vor einem Scheitern der Brexit-Gespräche. Die Brüsseler Behörde schätze die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios auf mehr als 50 Prozent, berichtete die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung«. Hintergrund der düsteren Prognose ist ein Gespräch von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit May am vergangenen Mittwoch. EU-Kreise bestätigten der Deutschen Presse-Agentur, dass Juncker anschließend sagte: »Ich verlasse die Downing Street zehnmal skeptischer, als ich vorher war.« May habe unter anderem die Auffassung vertreten, dass Großbritannien den EU-Partnern kein Geld schulde. Juncker habe Merkel informiert, die daraufhin vor »Illusionen« in Großbritannien gewarnt habe. In der BBC machte May am Sonntag aber Hoffnung auf eine rasche Einigung in der Frage der künftigen Rechte für 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien und 1,2 Millionen Briten in der EU - ein Topthema auch für die EU. dpa/nd
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