Keiner trägt die Schuld

Johanna Treblin über die abgelehnte Klage eines Arbeiters der Mall of Berlin

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 1 Min.

Das Arbeitsgericht Berlin hat es vergeigt. Es hätte in die Geschichte der Bauwirtschaft eingehen und einen wegweisenden Präzedenzfall schaffen können. Stattdessen folgte es der bisherigen Rechtsauffassung, dass der Bauherr nicht für ausstehende Zahlungen bei Bauvorhaben geradestehen muss. Im aktuellen Fall hatte ein Bauarbeiter gegen die HGHI Leipziger Platz GmbH als Bauherrin des Einkaufszentrums Mall of Berlin geklagt. Die Klage wurde abgewiesen. Sinngemäß deshalb, weil die HGHI ein anderes Unternehmen mit dem Bau beauftragt hatte und dafür auch bezahlt haben will. Wenn das pfuscht, trägt die HGHI keine Schuld, so die Auffassung des Gerichts.

Für Unternehmen, die in der Branche tätig sind, ist das eine gute Nachricht. Sie können nun Unternehmen beauftragen, die wiederum Subunternehmen beauftragen, die wiederum Subunternehmen beauftragen - bis ein undurchsichtiges Geflecht entsteht, in dem jeder die Verantwortung weit von sich weisen kann. Geradestehen muss auch niemand dafür, wenn, wie im Falle der Mall of Berlin, plötzlich alle Subunternehmen pleite gehen. Oder die Firmenchefs einfach mal untertauchen.

Nur einer leidet darunter. Der Arbeiter, der Tag für Tag, Stunde um Stunde, die Bauvorhaben in die Tat umsetzt. Von ihm gibt es viele.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!