Kurmark kein harmloser Name für eine Kaserne

Bundeswehrobjekt in Storkow scheinbar nach Panzergrenadierdivision der faschistischen Wehrmacht benannt

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Thomas Jacob lebt in dem kleinen Ort Glietz in Ostbrandenburg und ist ein vielfältig engagierter Mensch. Einen Namen gemacht hat er sich als Sprecher der Volksinitiative »Rettet Brandenburg«. Diese Initiative wollte höhere Mindestabstände von Windrädern zu Wohnhäusern. Außerdem sollte der Bau von Windkraftanlagen in Wäldern verboten werden. 2016 scheiterte ein entsprechendes Volksbegehren mit lediglich 45 148 gültigen Unterschriften. Wenigstens 80 000 Unterschriften hätten zusammenkommen müssen.

Nun wird Thomas Jacob höchstwahrscheinlich mit einem anderen Anliegen Bruchlandung erleiden, obwohl doch einiges für sein Ansinnen spricht, die Kurmark-Kaserne in Storkow umzubenennen.

Doch der Reihe nach: Wenn Thomas Jacob nach Berlin fährt, dann kommt er in Storkow an der Beeskower Chaussee 15a an einer Bundeswehrkaserne vorbei. Sie trägt den Namen »Kurmark«, verliehen ausdrücklich als Ehrenname am 17. September 1993 durch den Generalinspekteur der Bundeswehr, wie Jacob herausfand.

Gerade angesichts der jüngsten Berichte über neofaschistische Umtriebe unter den Soldaten und über Wehrmachtsverherrlichung in den Kasernen macht sich Jacob seine Gedanken. Für ihn hat die Bezeichnung Kurmark-Kaserne einen üblen Beigeschmack. Das hat er schon einigen Journalisten zu erklären versucht, ist aber mehrfach abgewiesen worden. Kurmark sei die Bezeichnung für eine Landschaft, wiegelten die Kollegen ab. Doch mit diesem Bescheid gibt sich Thomas Jacob nicht zufrieden. Schließlich hat er sich kundig gemacht. »Es sticht einem ins Herz, was man da liest«, sagt er. Denn Anfang 1945 wurde von der faschistischen Wehrmacht die Panzergrenadierdivision »Kurmark« aufgestellt, um sie den sowjetischen Truppen entgegenzuwerfen, die damals auf Berlin vorrückten. In der Division »Kurmark« ging auch eine Ersatzbrigade der Division »Großdeutschland« auf. Diese Division hatte Kriegsverbrechen verübt, in Jugoslawien beispielsweise wahllos verhaftete Zivilisten erschossen und in Frankreich schwarzafrikanische Kriegsgefangene ermordet.

Die neue Panzergrenadierdivision »Kurmark« wurde 1945 erstmals bei Frankfurt (Oder) eingesetzt, geriet bei Rückzugsgefechten in den Kessel von Halbe, brach aus und ihre Reste erreichten die Elbe, ergaben sich dort dem US-amerikanischen Militär.

Der Kommandeur, Generalmajor Willy Langkeit (1907-1969), arbeitete nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft als Autovertreter, wie aus einer alten Ausgabe des Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« von 1953 hervorgeht. 1951 stieß Langkeit demnach zum Bundesgrenzschutz. Dort stieg er wieder bis zum Brigadegeneral auf. Thomas Jacob glaubt nicht an einen Zufall. Er vermutet, dass der historische Hintergrund 1993 bekannt war. Das wäre seiner Ansicht nach ein Skandal.

In der DDR waren in Storkow Pioniere der NVA stationiert. Nach der Wende brachte die Bundeswehr dort bis 2006 ihr Panzerpionierbataillon 801 unter. Danach rückte das Führungsunterstützungsbataillon 381 ein. Seite 9

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.