LINKE kann sich Duldung von Rot-Grün vorstellen
NRW wurde bereits von 2010 bis 2012 von einer Minderheitsregierung geführt. Diese Episode endete für die Linkspartei in einem Desaster
Die Linkspartei lässt sich in Nordrhein-Westfalen von der Abfuhr der SPD nicht beeindrucken. Nachdem Regierungschefin Hannelore Kraft ein rot-rot-grünes Bündnis nach der Landtagswahl am Sonntag kategorisch ausgeschlossen hatte, hielt LINKE-Spitzenkandidatin Özlem Demirel die Duldung einer rot-grünen Minderheitsregierung für möglich. »Wir sind weiterhin gesprächsbereit und schließen nichts aus«, sagte sie der »Rheinischen Post«. Hinter dieser Aussage steckt die Botschaft, dass die LINKE nicht nur als Protestpartei wahrgenommen werden, sondern die Landespolitik auch aktiv mitgestalten will.
Allerdings ist es sehr fraglich, ob es der Partei helfen würde, wenn sie durch eine Duldung eine Fortsetzung der Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen ermöglichen würde. Das zeigen die wenig erfreulichen Erfahrungen der LINKEN, als sie zwischen 2010 und 2012 im Landesparlament vertreten war. Damals regierte Rot-Grün in einer Minderheitsregierung. Zuvor waren Koalitionsgespräche in unterschiedlichen Konstellationen gescheitert. Obwohl Kraft bereits damals vor der Wahl betont hatte, mit der LINKEN »die Auseinandersetzung und nicht die Zusammenarbeit« zu suchen und das Ziel verfolgte, dass die linke Konkurrenz nicht in den Landtag einzieht, nahm sie deren Hilfe bei der Wahl zur Ministerpräsidentin an. Weil sich die elf Abgeordneten der LINKEN enthielten, erhielt Kraft im zweiten Wahlgang die notwendige einfache Mehrheit.
Der Einfluss der Linkspartei auf die Landespolitik war in der Folgezeit allerdings stark eingeschränkt. Denn es fehlte eine bindende Vereinbarung mit SPD und Grünen. Rot-Grün suchte sich für ihre Vorhaben unterschiedliche Partner. Mit der FDP wurde ein Pakt für die Stadtfinanzen durchgesetzt, mit der CDU die Schulreform und mit der LINKEN die Abschaffung der Studiengebühren. Zuweilen wirkte die Linkspartei wie ein Anhängsel der Landesregierung, die sich mal enthielt, mal den Vorhaben zustimmte. In anderen Fragen handelte sie wie eine Oppositionspartei. Diese Gratwanderung hat der LINKEN nicht gutgetan.
Gesprächsangebote an SPD und Grüne wurden zuweilen abgeblockt. So etwa vor der Abstimmung zum Haushalt im Frühjahr 2012. Das von der Linkspartei geforderte landesweite Sozialticket für 15 Euro pro Person und Monat wurde von Rot-Grün angeblich aus Kostengründen abgelehnt. Als der Etat im Parlament scheiterte, kam es zu Neuwahlen. Die Umstände dafür waren aus Sicht von Sozialdemokraten und Grünen günstig. Sie standen in den Umfragen gut da und gewannen die Wahl letztlich auch.
Dagegen stürzte die LINKE von 5,6 auf nur noch 2,5 Prozent ab. Die Gründe dafür lagen nicht nur in der Landes-, sondern auch in der Bundespolitik. Auf Bundesebene war die Linkspartei damals heftig zerstritten und befand sich in einer Führungskrise.
Ob es ebenso wie 2010 nun erneut eine rechnerische rot-rot-grüne Mehrheit im Landtag geben wird, ist völlig unsicher. Eine Voraussetzung hierfür ist, dass die LINKE den Einzug in das Parlament schafft. Die meisten Umfragen sahen sie zuletzt bei fünf, manche bei sechs oder bei acht Prozent. Die Grünen müssen ebenfalls bangen. Die Ökopartei hat sich bei sieben Prozent eingependelt. Für die SPD ging es zuletzt in den Umfragen bergab. Als die Partei noch voll des Jubels wegen ihres neuen Frontmannes Martin Schulz war, lagen die Sozialdemokraten in NRW bei 40 Prozent, nun sind es nur noch 30 bis 33.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.