Locomore meldet Insolvenz an

Privater Bahnbetreiber stellt Zugverkehr vorerst ein

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Zum vorerst letzten Mal ist am Freitag ein Fernzug des privaten Betreibers Locomore von Baden-Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart nach Berlin gefahren. Das Unternehmen hatte am Donnerstag Insolvenz angemeldet. Die Zahl der Fahrgäste und auch die Einnahmen pro Fahrgast seien »nicht schnell genug« gestiegen, um kostendeckend zu sein, hieß es zur Begründung.

Der Zugbetrieb könne nur dann wieder aufgenommen werden, wenn ein neuer Investor für Locomore gefunden werde, sagte der Rechtsanwalt Danny Koch von der Kanzlei des vorläufigen Insolvenzverwalters Rolf Rattunde am Freitag in Berlin. Alle weiteren Fahrten, die für die nächsten Tage geplant waren, finden nach seinen Angaben nicht statt. Gelinge es nicht, einen Investor zu finden, würden bereits bezahlte Fahrscheine als Gläubigerforderungen in das Verfahren aufgenommen. Der Online-Ticketverkauf ist nach Unternehmensangaben vorläufig eingestellt worden und soll erst wieder beginnen, sobald absehbar ist, wie es mit dem Zugbetreiber weitergeht.

Locomore hatte im Dezember seine Verbindung zwischen Berlin und Stuttgart in Betrieb genommen, die Fahrgastzahl blieb jedoch unter den angesetzten Erwartungen. Zudem gab es technische Probleme in den Zügen. Die Betreiber hatten zunächst per Crowdfunding mehr als 600 000 Euro Startkapital im Internet gesammelt.

Die Geschäftsführung des Unternehmens äußerte am Donnerstagabend in einer Mitteilung die Hoffnung, dass es gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter gelingen werde, Perspektiven für eine Fortführung des Zugverkehrs zu entwickeln. Die finanziellen Reserven seien allerdings aufgebraucht. Man sei intensiv auf der Suche nach Investoren.

Das baden-württembergische Verkehrsministerium bedauerte das vorläufige Aus der Zugverbindung Stuttgart-Berlin durch Locomore. Kritik übte das Ministerium in Richtung Bundesregierung: Es sei schade, wenn sich ein neues Zugangebot nicht auf dem bestehenden Schienenverkehrsmarkt behaupten könne, sagte eine Ministeriumssprecherin am Freitag. »Bedauerlicherweise ist es dem Bund seit der Bahnreform 1994 nicht gelungen, die Rahmenbedingungen im Schienenfernverkehr so zu gestalten, dass Wettbewerb entstehen kann.« dpa/nd

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