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Sozialdemokratische Sackgasse

Alban Werner sieht sprichwörtlich schwarz für die kommenden Wahlen

  • Alban Werner
  • Lesedauer: 3 Min.

Ich sehe sprichwörtlich schwarz - nicht nur für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen an diesem Sonntag, sondern auch für die Bundestagswahl 2017. In der deutschen Nachkriegsgeschichte gab es zwei Konstellationen, in denen die Sozialdemokratie bei Bundestagswahlen gewinnen konnte (indem sie entweder stärkste Partei wurde oder zumindest eine Regierungsmehrheit stellen konnte): Entweder wurde sie getragen von einer Wechsel- und Aufbruchsstimmung, einem (Wieder-)Erwachen politischer Hoffnungen, wie 1969, 1972 oder 1998 geschehen. Oder die Sozialdemokratie und ihre Verbündeten konnten sich immerhin noch einigermaßen glaubhaft darstellen als »kleineres Übel« gegenüber einem sehr realen »größeren Übel«. Das größere Übel hieß 1980 Franz-Josef Strauß, 2002 waren es Edmund Stoiber und der Irak-Krieg von George W. Bush.

Im Wahljahr 2017 scheint inzwischen nichts von beidem mehr zuzutreffen. Weder droht mit einer vierten Amtszeit Angela Merkels ein offener neoliberaler Generalangriff auf den Sozialstaat, zumal die wahrscheinlichste Regierungsvariante in einem Sieben-Parteien-Bundestag eine vierte Große Koalition ist. Noch hängt eine Wechsel- und Aufbruchsstimmung in der Luft, zumal der anfängliche »Schulz-Hype« sich inzwischen wieder verflüchtigt hat.

Der Autor

Alban Werner ist 1982 in Aachen geboren und war von 1999 bis 2004 Mitglied bei der SPD. Seit 2005 ist er bei DIE LINKE auf verschiedenen Ebenen aktiv. Der Politikwissenschaftler schreibt u. a. in »Sozialismus« und »Das Argument«.

Endgültig beerdigt hat Hannelore Kraft nun die Hoffnungen auf eine fortschrittliche Regierung im Bund, denn selbst wenn - was extrem unwahrscheinlich erscheint - doch irgendwie eine rechnerische rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag zustande käme, verfügte diese über kaum Spielräume angesichts einer zaudernden SPD und eines mehrheitlich andersfarbig zusammengesetzten Bundesrates.

Martin Schulz ist daher in einer ähnlichen Lage wie Peer Steinbrück 2013: Er ist bestenfalls Vizekanzlerkandidat. Für die Sozialdemokratie muss das eigentlich noch schmerzlicher sein als vor vier Jahren. Denn Steinbrück war kein Herzenskandidat, sondern derjenige, den man sich vom parteirechten Seeheimer Kreis und den Medien hatte aufschwatzen lassen, und mit dem man eigentlich nie richtig warm geworden war, nie warm werden konnte.

Schulz hingegen ist kein kalter Technokrat wie Steinbrück, der in jedes elitäre Fettnäpfchen tritt. Schulz ist mit seiner brennenden Rhetorik, seinem Pathos, aber auch seiner Widersprüchlichkeit, seiner Inkonsequenz, seiner im Grunde hilflosen Authentizität seit langem der »ehrlichste« Kanzlerkandidat der SPD.

Der Schulz-Hype hat nur kurz überdeckt, dass die Sozialdemokratie eigentlich keinen Plan hat. Sie hat sich durch ihre lange Serie an Fehlentscheidungen und Verrenkungen selbst wichtige Spielräume geraubt, was ihr jetzt auf die Füße fällt. Dabei lagen die SPD und ihre Verbündeten in mehreren der oben genannten, am Ende erfolgreichen Wahlkämpfe anfangs zurück und mussten Stück um Stück Gelände zurückgewinnen.

Eine Aufholjagd ist aber nur aussichtsreich, wenn man auch etwas hat, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Eine nochmalige Große Koalition gehört eher nicht dazu, zumal sich die fortschrittlichen Spielräume unter der jetzigen schon erschöpft haben. Darüber können sich aber weder Linke innerhalb, noch außerhalb der SPD freuen, weil man in absehbarer Zeit nun mal in Deutschland die Sozialdemokratie braucht, um fortschrittliche Politik durchzusetzen.

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