Rechte der Verbraucher gestärkt
Neues Bauvertragsrecht ab 1. Januar 2018
Lange Jahre fehlten Schutzregelungen und Sicherheiten für private Baukunden im deutschen Baurecht. Das wird sich nun ändern. Der Verbraucherschutzbund Wohnen im Eigentum (WiE) begrüßt das jetzt verabschiedete Gesetz, auch wenn nicht allen Forderungen zum Verbraucherschutz entsprochen worden ist.
Am 1. Januar 2018 tritt das neue Bauvertragsrecht in Kraft. Nach einem Beschluss des Bundestages vom 2. März 2017 ist das Bauvertragsrecht erstmals eigenständig im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Von welchen Regeln können Sie profitieren?
Mehr Verbraucherrechte
Widerruf: Als Verbraucher haben Sie künftig das Recht, den Bauvertrag innerhalb von zwei Wochen zu widerrufen. Dieses neue Widerrufsrecht ist aus Verbrauchersicht ein großer Fortschritt. So haben Sie die Möglichkeit, diesen Vertrag mit seinen hohen finanziellen Verpflichtungen noch einmal zu überdenken. Bislang war das anders, die Unterschrift war in vielen Fällen bindend.
Über das Widerrufsrecht muss Sie das Bauunternehmen in Textform informieren. Tut es das nicht, läuft die Zwei-Wochen-Frist erst ab dem Zeitpunkt des Hinweises. Spätestens ein Jahr und 14 Tagen nach Vertragsabschluss erlischt der Anspruch auf Widerruf jedoch. Übrigens sollte ein Widerruf per Einwurfschreiben übermittelt werden. So ist die Sicherheit gegeben, dass es den Adressaten auch erreicht hat.
Mehr Transparenz
Baubeschreibungspflicht: Vor Abschluss des Vertrages muss der Bauunternehmer Ihnen ab 2018 eine schriftliche Baubeschreibung zur Verfügung stellen. Diese muss unter anderem folgende Informationen enthalten: Haustyp und Bauweise, Art und Umfang der Leistungen, Gebäudedaten, Pläne mit Raum- und Flächenangaben, Ansichten, Grundrisse und Schnitte sowie verbindliche Angaben über die Bauzeit. Dadurch können Sie künftig Angebote besser miteinander vergleichen.
Verbindliche Festlegung der Bauzeit: Sie ist ein großer Fortschritt und wird dafür sorgen, dass es in Fragen des Bauverzugs und einer Entschädigung weniger Streit geben wird. Auch können Sie so besser planen, wann sie die bisherige Wohnung kündigen oder den Umzug organisieren.
Unterlagenherausgabe: Sie haben als Baukunde in Zukunft einen Anspruch auf Herstellung und Herausgabe aller Unterlagen, die Sie für Behörden oder auch zur Erlangung eines Kredits benötigen, um die Einhaltung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften nachzuweisen. Das betrifft etwa Nachweise für die KfW-Förderbank oder Nachweise zur Erlangung eines Energieausweises nach der EnEV.
Abschlagszahlungen: Wenn der Unternehmer Abschlagszahlungen verlangt, dürfen diese 90 Prozent der Gesamtvergütung nicht übersteigen. Fällig wird der Rest nach Abnahme des Gebäudes. Bislang trug der Bauherr des Risiko, vor der Abnahme bereits mehr gezahlt zu haben, als die Baufirma geleistet hatte.
Weitere neue Regeln
Anordnungsrecht: Als privater Baukunde haben Sie gegenüber dem Auftragnehmer ab 2018 ein Anordnungsrecht bei Änderungswünschen zur Bauausführung. Vorrangig sieht das Gesetz aber vor, dass Sie sich innerhalb von 30 Tagen mit dem Bauunternehmen über die Änderung und die Vergütung dafür einigen.
Angebotspflicht: Das Unternehmen ist verpflichtet, ein Angebot dazu vorzulegen. Kommt es nicht zu einer Einigung, können Sie die Änderung jedoch einseitig anordnen und das Unternehmen muss ihr nachkommen. Bestimmte Änderungen kann es allerdings verweigern, wenn sie nicht zumutbar sind.
Sind die erbrachten Leistungen des Bauunternehmens nicht vertragsgemäß, können Sie die Zahlung eines angemessenen Teils der Abschlagszahlung verweigern.
Abnahme-Fiktion: Wenn Sie sich künftig auf ein Abnahmeverlangen des Unternehmers mit einer Fristsetzung nicht äußern oder die Abnahme ohne Nennung von Mängeln verweigern, gilt die Abnahme als erteilt. Dies können Sie jedoch verhindern, indem Sie mindestens einen Mangel rügen, auch wenn es nur ein unwesentlicher Mangel ist.
Künftig gibt es im Werkvertragsrecht - und damit auch bei Bauverträgen - ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund.
Mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit
Bauprozesse könnten künftig zügiger vonstatten gehen, denn an den Landgerichten werden spezielle Baukammern und an den Oberlandesgerichten entsprechende Bausenate eingerichtet. Das sollen die oft schleppenden Bauprozesse beschleunigen.
Durch neue Kapitel zum Bauvertrag und Verbraucherbauvertrag und den Untertitel Architektenvertrag und Ingenieurvertrag wird das Gesetz klarer strukturiert.
Die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Kündigung eines Werkvertrages aus wichtigem Grund werden erstmals gesetzlich geregelt.
Bauverträge müssen künftig schriftlich geschlossen werden. Auch Vereinbarungen in Form von Fax oder E-Mail sind zulässig. Experten raten zudem, sämtliche Vereinbarungen auf Papier festzuhalten. Auch können Bauverträge nur noch in Schriftform gekündigt werden
Achtung: Sollten Sie die Absicht haben, noch im Jahr 2017 einen Vertrag abzuschließen, dann können Sie sich noch nicht auf diese neuen Vorschriften berufen, die erste 2018 in Kraft treten. Wenn Ihnen also entsprechende Regelungen wichtig sind, achten Sie daher darauf, diese in Ihrem individuellem Vertrag festzulegen! WiE/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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