Alles in Butter bei der Ernährungswirtschaft
Lebensmittelunternehmen mit guter Bilanz 2016 - Brexit und Einzelhandelskonzentration machen dem Verband aber Sorgen
Deutsche Lebensmittel sind die sichersten der Welt, die Exportzahlen steigen in ungeahnte Höhen, Nachhaltigkeit wird immer besser umgesetzt - wenn man der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) zuhört, könnte man meinen, es gebe keine Probleme in der Branche. Nachfragen von Journalisten bei der Bilanzpressekonferenz des Verbandes am Dienstag in Berlin brachten dann aber doch ein paar Kratzer im Lack zum Vorschein. So macht sich BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff Sorgen über den bevorstehenden Brexit und die zu erwartenden negativen Folgen für die hiesige Lebensmittelindustrie. Die rund 50 Unternehmen, die in dem Verband zusammengeschlossen sind - unter anderem internationale Schwergewichte wie Coca-Cola, Dr. Oetker, Kellogg, Ferrero und Nestlé -, bräuchten Rechtssicherheit im Brexit-Prozess, das betonte auch BVE-Konjunkturexpertin Stefanie Sabet. Großbritannien sei der viertgrößte Absatzmarkt. Der BVE hoffe auf Verträge zum beiderseitigen Nutzen.
Vor den dauerhaft in der Kritik stehenden internationalen Handelsabkommen habe man aber keine Angst, betonte Minhoff. Der deutsche Markt sei hart; wer hier bestehe, könne überall mit seinen Produkten bestehen. Dass diese zunehmend gekauft werden, zeigen die aktuellen Zahlen: Im Vergleich zu 2015 steigerte die Branche 2016 ihren Umsatz um 1,6 Prozent auf 171,3 Milliarden Euro. Einen immer größeren Teil davon macht der Export aus - deren Umsatz stieg um 3,6 Prozent auf ein Rekordhoch von 56,7 Milliarden Euro. Die beliebtesten Warengruppen waren Fleischprodukte und Süßigkeiten, die insgesamt ein Drittel der Exporte ausmachen. Der größte Teil - 80 Prozent - wird in andere EU-Länder verkauft.
Im Inland dagegen gab es kaum eine Steigerung. Angesichts des gesättigten Marktes sei das allerdings auch kaum verwunderlich, so Minhoff. Der aktuelle Ernährungstrend gehe zu weniger, aber dafür qualitativ besserem und damit auch teurerem Essen. Dennoch seien die Nahrungsmittelpreise hierzulande noch vergleichsweise günstig, im Schnitt gäben die Verbraucher ein Zehntel ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke aus, das liegt deutlich unter dem EU-Schnitt. Demnach kaufen alleinstehende Bundesbürger durchschnittlich für 195 Euro im Monat Lebensmittel, eine vierköpfige Familie benötigt etwa 500 Euro. Der Trend gehe allerdings deutlich in Richtung »Außer-Haus-Essen«, so Sabet. Rund 95 Euro gäben die Deutschen dafür zusätzlich pro Monat aus.
Sorgen macht dem Verband die zunehmende Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel. Minhoff betonte, dass die BVE allerdings keine große Mitsprachemöglichkeit auf diesem Gebiet habe. So habe man zwar eine Stellungnahme zur Kaiser’s-Tengelmann-Übernahme abgegeben, doch das Ergebnis - eine weitere Konzen-tration der Branche auf fünf große Händler - nicht verhindern können.
Wo man etwas erreichen könne, sei der Bereich Nachhaltigkeit, so Minhoff. Bei der Pressekonferenz stellte der BVE seine Broschüre zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der Bundesregierung im Programm »Agenda 2030« vor. »Nachhaltigkeit ist kein Trend«, sondern sei »alternativlos«, so Minhoff. In der Branche gebe es viele Fortschritte in dem Bereich, sie seien aber oft noch zu wenig sichtbar. Deshalb unterstütze man die Unternehmen seit 2015 mit einem Leitfaden und seit 2016 auch mit Workshopangeboten etwa zu Ressourceneffizienz, Transparenz oder Müllvermeidung. Wichtigste Erfolge seien das »Forum Nachhaltiger Kakao« und das »Forum Nachhaltiges Palmöl«. Diese sind allerdings bei Umweltschützern und Entwicklungshilfeorganisationen umstritten, weil sie bisher nur Mindeststandards definieren.
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