EU geht in die Klimaoffensive

USA gaben in Bonn ihre Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik und -diplomatie auf

  • Christian Mihatsch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Europäische Union ist bereit, die Führung in der internationalen Klimapolitik zu übernehmen. Dies signalisierte sie am letzten Tag der UN-Klimakonferenz am Donnerstag in Bonn: Die EU hat sich mit 79 Entwicklungsländern aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik - den sogenannten AKP-Staaten - auf eine gemeinsame Position bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens geeinigt. »Wir werden das Paris-Abkommen verteidigen - Industriestaaten und Entwicklungsländer gemeinsam«, sagte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete. »Unser gemeinsames Eintreten für diesen Vertrag ist heute so wie in Paris unumkehrbar und nicht verhandelbar.«

Die EU und die AKP-Staaten machen über die Hälfte aller Länder aus, die den Vertrag unterzeichnet haben. »Die USA geben ihre Führungsposition beim Klimaschutz auf«, sagte Mohamed Adow von der Entwicklungsorganisation Christian Aid und lobte die EU für ihre »klare und starke Botschaft... in dieser Stunde der Not«. Damit habe die USA geschafft, was dem Paris-Abkommen nicht ganz gelungen war: die Aufhebung des Gegensatzes von Industrie- und Entwicklungsländern. Dieser »verläuft vielmehr zwischen denen, die ein robustes Klimaregime wollen, und jenen, die dies vermeiden möchten«, sagte der Leiter der Schweizer Delegation, Franz Perrez.

Zu Beginn des Treffens standen noch die USA im Zentrum der Aufmerksamkeit. Auffallend war, dass Washington eine Minidelegation mit nur sieben Diplomaten schickte. Zum Vergleich: Vietnam war mit mehr als doppelt so vielen Verhandlern in Bonn. Zudem wollte die Regierung von US-Präsident Donald Trump vergangene Woche bekanntgeben, ob die USA Teil des Paris-Abkommens bleiben. Doch wurde die Entscheidung auf Ende Mai verschoben. Vorher findet noch Trumps Papst-Audienz und der G7-Gipfel statt - zwei Treffen, bei denen der Verbleib der USA im Paris-Abkommen auf der Agenda steht.

In Bonn sei die US-Delegation »beinahe unsichtbar« gewesen, sagte Wendel Trio vom Klimanetzwerk CAN. Fragen nach der Klimapolitik seines Landes beantwortete der US-Chefdiplomat, Trigg Talley, in Bonn stets mit: Diese werde einer »Überprüfung« unterzogen. Damit hatte seine Delegation »kein Verhandlungsmandat«, sagte Trio. Mit einer Ausnahme: Der Beitrag aus Washington war, dass die USA kein Klimageld zur Verfügung stellen, aber das wussten ohnehin alle.

Unklar ist hingegen, ob die Vereinigten Staaten ihr Emissionsziel aufweichen können, wenn sie im Paris-Abkommen bleiben. Der Vertrag lässt einen gewissen Interpretationsspielraum im relevanten Artikel: Ein Land »kann jederzeit sein Emissionsziel anpassen im Hinblick auf eine Erhöhung seines Ambitionsniveaus«, heißt es dort.

Aus Sicht von Jonathan Church von der Umweltorganisation Client Earth erlaubt dies jedoch keine Aufweichung des Emissionsziels. Dies wäre eine »übertrieben freizügige Interpretation des Artikels«. Und eine Abschwächung des Ziels würde letztlich einen »Bruch des Paris-Abkommens« darstellen. Anders sieht dies Laurence Tubiana, eine der Architektinnen des Vertrags: »Natürlich können die USA ihren Beitrag reduzieren, aber sie sollten nicht.« Die EU gibt sich derweil diplomatisch. Sie will erst mal abwarten, welche Vorschläge Trump am Ende macht. »Es ist wichtig, dass die Länder ihren Beitrag in unterschiedlichen Formen leisten können«, sagte Yvon Slingenberg von der EU-Kommission.

Auch ohne nennenswerten US-Beitrag haben die Klimadiplomaten in Bonn ihr eigentliches Ziel weitgehend erreicht: die Umrisse der Gebrauchsanleitung für das Paris-Abkommen zu erarbeiten. Hier geht es um sehr technische Fragen: Wer berichtet etwa wann und wie über seine Emissionen und Klimaschutzmaßnahmen? »Die Fortschritte beim Regelwerk sind unterschiedlich, allgemein aber sehr langsam«, sagte der Schweizer Delegierte Perrez. Dies habe einerseits damit zu tun, dass viele technische Fragen ein noch vertiefteres Verständnis benötigen. In anderen Bereichen seien die Parteien aber auch einfach noch nicht bereit, sich zu bewegen. »Insgesamt denke ich, sind wir aber immer noch auf Kurs«, so Perrez.

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